Wucher: Wann Kaufverträge über Eigentumswohnungen nichtig sind

An überhöhte Immobilienpreise haben sich Handwerker längst gewöhnt. Dass aber ein Gericht zwei Kaufverträge über Eigentumswohnungen wegen Wuchers im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes für nichtig erklärt, ist schon ungewöhnlich.

Wenn Käufer die Zwangslage der Verkäufer ausnutzen und den Preis über 100 Prozent unter den Verkehrswert drücken, ist das Geschäft wegen Wucher ungültig. - © ddp

Der Fall

So geschehen beim Oberlandesgericht Oldenburg. Die späteren Kläger waren Eigentümer zweier Eigentumswohnungen. Als sie in finanzielle Schwierigkeiten gerieten und die auf den Immobilien lastenden Kreditverbindlichkeiten nicht mehr bedienen konnten, drohte die Zwangsversteigerung. In dieser Situation bot ihnen die beklagte Wohnungsmaklergesellschaft zunächst an, sie bei der Veräußerung ihrer Wohnungen zu unterstützen. Als die Maklerin bis zum Ablauf der Frist für einen freihändigen Verkauf der Wohnungen keine Käufer fand, bot sie selbst den Erwerb der Wohnungen an. Gleichzeitig erklärte sie, diese an die Kläger wieder vermieten zu wollen. Letztere willigten ein und veräußerten die Wohnungen zu einem Preis von insgesamt 90.000 €. Der Erlös war gerade ausreichend, um die offenen Verbindlichkeiten tilgen zu können. Besonders makaber: Den freien Restbetrag von 27 Cent zahlte die Maklerin den Klägern in bar aus. Tatsächlich hatten die Wohnungen zum Zeitpunkt des Verkaufs nach den Feststellungen eines Sachverständigen einen Verkehrswert von 187.000 €.

Die Entscheidung

Das Gericht nahm den seltenen Fall des Wuchers an (Az.: 1 U 61/14). Leistung und Gegenleistung stünden in einem besonders groben Missverhältnis, da der tatsächliche Wert der Eigentumswohnungen mehr als doppelt so hoch sei, wie der vereinbarte Kaufpreis. Darüber hinaus habe die Maklerin eine auf einer Zwangslage beruhende besondere Schwächesituation der Verkäufer ausgenutzt. Sie habe gewusst, dass die Zwangsversteigerung der Immobilien unmittelbar bevorstehe und die Kläger damit rechneten, ihre Wohnungen zu verlieren und ausziehen zu müssen. Diese Zwangslage habe sich die Maklerin bewusst zunutze gemacht und den Erwerb der Eigentumswohnungen zu einem Kaufpreis von lediglich 90.000 € initiiert. Als regional ansässigem Immobilienunternehmen sei der Maklerin das auffällige Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bekannt gewesen. Hinzu kommt laut Richterspruch, dass die Maklerin die Wohnungen innerhalb von nur etwa fünf Monaten zu einem Gesamtkaufpreis von 160.000 € weiterveräußert habe. Zudem habe die Maklerin den Verkäufern den Rückkauf der Wohnungen zu einem Kaufpreis von insgesamt 150.000 € angeboten.

Die Folgen

Die Vereinbarung zum Abschluss des Mietvertrages mit den Verkäufern beseitigt den wucherischen Charakter des Verkaufs nicht, so das Gericht. Trotz Abschlusses der Mietverträge stand nämlich nicht fest, dass die Verkäufer auf Dauer bzw. zumindest für längere Zeit in den Wohnungen bleiben können. Vielmehr hatten die neuen Erwerber der Eigentumswohnungen bereits angekündigt, die Mietverträge wegen Eigenbedarfs zu kündigen. Mit dem vorliegenden Urteil wurde erreicht, dass in das Grundbuch ein Vermerk über den fehlerhaften Eigentumsübergang auf die Maklerin aufgenommen wurde. Die etwaige weitere Rückabwicklung des Kaufvertrages zwischen den Verkäufern und der Maklerin bedarf einer gesonderten Klärung.