Geldanlage Was geht jetzt noch

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Geldanlage

Für Privatanleger ist das Umfeld am Kapitalmarkt eine Herausforderung: Staatsverschuldung, Nullzinspolitik, kaum Rendite. Aber es gibt auch Chancen, die mit Bedacht genutzt werden können. handwerk magazin beleuchtet die Risiken und Perspektiven einzelner Anlageklassen im neuen Jahr.

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    Ann-Katrin Petersen, Anlagestrategin bei Allianz Global Investors: »Ein Drittel der Staatsanleihen der Industrieländer sind mit Minus-Renditen behaftet.«
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    Björn Jesch, Leiter Portfoliomanagement und Vorsitzender des Union Investment Committee: »Die hohen ­Aktienkurse sind eine ­logische Folge der niedrigen Zinsen.«

Geldanlage bleibt 2017 für private Sparer spannend. Gute Renditen gibt es oft nur für risikoreiche Investitionen. handwerk magazin gibt einen Überblick über verschiedene Anlageklassen und ihre Chancen im neuen Jahr.

Zinsen: bleiben niedrig

Niemand kann die Zukunft voraussagen. Aber eine Tatsache spricht für eine sehr lange Phase extrem niedriger realer Zinsen: die hohe Verschuldung vieler Staaten. Außer Deutschland hat kein großes Industrie- oder Schwellenland ein ausgeglichenes Budget (siehe Grafik, Seite 59). Überall steigen die Schuldenberge und übertreffen die jährliche Wirtschaftsleistung der Länder. „Die Europäische Zentralbank sitzt in der Falle“, sagt Björn Jesch, Leiter Portfoliomanagement und Vorsitzender des Union Investment Committee. Die Europäische Zentralbank (EZB) muss das Zinsniveau tief halten. Andernfalls würden viele Staaten unter der Schuldenlast zusammenbrechen.
Insgeheim hoffen einige Regierungen wohl auf eine hohe Inflation oder einen Schuldenerlass. Ein Abbau der Schuldenberge via Tilgung setzt Reformen voraus, zu denen viele Politiker und Wähler (noch) nicht bereit sind. In diesem Zinsumfeld sind sichere Anleihen und generell Festgeld wenig attraktiv. Die veränderten Rahmenbedingungen zwingen die Bundesbürger dazu, sich mit Anlageformen zu beschäftigen, die sie bisher gemieden haben: Hochzinsanleihen aus Schwellenländern zum Beispiel. In den Fokus rücken auch Sachwerte wie Aktien, Immobilien und Gold. Wegen ihrer staatlichen Förderung kommt in der Fondsvariante auch die Basisrente infrage. Bundesanleihen verlieren dagegen deutlich an Attraktivität.

Bundesanleihen: mit Verlust

Die zusätzliche Nachfrage treibt die Kurse festverzinslicher Wertpapiere in die Höhe und drückt die Zinskupons neu emittierter Papiere in die Tiefe. Damit fällt eine von Privatanlegern jahrzehntelang praktizierte Strategie weg: Bundesanleihen kaufen, bis zur Rückzahlung halten und Jahr für Jahr Zinsen kassieren. Angesichts von Null- und Negativzinsen wäre das heute ein Verlustgeschäft.

„Dieses strukturelle Niedrigzinsumfeld bleibt uns erhalten“, ist Katrin Petersen, Anlagestrategin bei Allianz Global Investors, überzeugt. Tatsächlich hat die EZB im Oktober angekündigt, noch weit in das Jahr 2017 hinein Anleihen aufkaufen zu wollen, um das Zinsniveau zu drücken. Auch eine mögliche Leitzinsanhebung der US-Notenbank Fed im Dezember würde allenfalls eine langsame globale Zinswende einleiten. „In den USA bleibt der Leitzins noch lange unter einem Prozent“, so Anlagestratege Jesch vom Union Investment Committee. Entlarvend sind hier Aussagen der Bank of England. Im „Staff Working Paper No. 571” schreibt sie, dass die Zinsen noch 15 Jahre tief bleiben werden.
Minuszinsen sind nicht nur ein europäisches Phänomen. Nach Angaben von Allianz-Anlagestrategin Petersen „sind ein Drittel der Staatsanleihen der Industrieländer mit Minus-Renditen behaftet“. Dass Investoren im großen Stil dafür bezahlen, dass sie Staaten oder neuerdings sogar Unternehmen ihr Geld leihen, ist neu. Seit Ausbruch der Schuldenkrise 2008 halten die Notenbanken in den USA, Europa und Japan nicht nur ihren Leitzins bei null. Zusätzlich kaufen sie im Markt handelbare Anleihen der Kategorie „Investment Grade“ auf – finanziert mit neu gedrucktem Geld, „also quasi aus dem Nichts“, wie Peter E. Huber, Vorstand bei Starcapital, betont.

Anleihen: von Schwellenländern

Wenn im Heimatland das Zinsniveau am Boden liegt, sieht man sich eben in der Ferne um. Genau das tun Vermögensverwalter in Europa, den USA und Japan. In Asien und Lateinamerika sind sie fündig geworden. Nach verlustreichen Jahren zuvor gehören Fonds, die zum Beispiel in brasilianische oder indonesische Staatsanleihen investieren, zu den besten Performern 2016. Von Januar bis September lag der JP Morgan GBI-EM Global Index in Euro gerechnet 13 Prozent im Plus. Der Index wird aus den Staatsanleihen in lokaler Währung von 16 Emerging Markets gebildet, darunter Brasilien, Russland, Kolumbien und Malaysia. Dem höheren Zinsniveau in diesen Ländern steht eine höhere Inflationsrate gegenüber. Aus deutscher Sicht interessanter sind daher Kurs- und Wechselkursgewinne.

Auch für 2017 sind die Aussichten günstig – vor allem, wenn das Zinsniveau in den Industriestaaten tatsächlich nicht stark steigt. Dann fließt auf der Suche nach Rendite weiterhin viel Kapital nach Asien und Lateinamerika. Zudem profitieren etliche Schwellenländer von besseren Wirtschaftszahlen. Auch der gestiegene Ölpreis hilft diesen oft rohstoffreichen Regionen. Die Profis von Union Investment halten die Emerging Markets aktuell für eine attraktive Anlageklasse.

Deutsche Aktien: im Höhenflug

Parallel zum Sinkflug bei den Zinsen seit 2008 sind die Aktienkurse gestiegen. Es ist eine vom breiten Publikum kaum bemerkte Hausse. Der US-Index Dow Jones hat kürzlich ein Allzeithoch erreicht. Und das deutsche Börsenbarometer Dax ist auf dem besten Weg, eine neue Bestmarke aufzustellen. Die deutsche Wirtschaft brummt. Der Geschäftsklimaindex des Ifo-Instituts hat sich im Oktober weiter verbessert. „Der Aufschwung gewinnt an Fahrt“, stellt Ifo-Präsident Clemens Fuest fest. Die Hausse ist also fundamental gut begründet.

Für Portfoliomanager Jesch sind die hohen Kurse auch „eine logische Folge der Niedrigzinspolitik“. Teuer seien Aktien deshalb aber nicht – im Gegenteil. Erstens sei im Zinstief mangels Alternativen die Nachfrage nach Aktien generell gestiegen. Zweitens könnten sich Unternehmen billiger refinanzieren und ihre Profitabilität wegen der geringeren Kapitalkosten steigern. Drittens seien auch Übernahmen anderer Unternehmen günstiger als in Zeiten höherer Zinsniveaus, argumentiert Jensch.
Auch nach Meinung der Analysten der Privatbank M. M. Warburg haben die Aktienmärkte noch Luft nach oben. Insbesondere der Dax sei noch günstig bewertet. Sie verweisen auf eine Tatsache, die auch die US-Börsen beflügelt hat: Aktienrückkaufprogramme. Hierzulande würden Unternehmen die Ersparnisse bei der Refinanzierung verstärkt für den Rückkauf eigener Dividendentitel nutzen. Das sieht auch Stephan Albrech, Vorstand der Vermögensverwaltung Albrech & Cie., so. Er rechnet 2017 zwar mit einer scharfen Korrektur der Aktienkurse. Für langfristig orientierte Anleger seien das aber Einkaufkurse. „In einem bislang unbekannten Umfeld können Aktien eine bislang unbekannt hohe Bewertung erreichen“, ist Albrech überzeugt.

Tipp: Entsprechende Anlagemöglichkeiten für private Sparer gibt es viele. Sofern die Aktienindizes tatsächlich noch eine ganze Weile steigen, wären kostengünstige Börsenindexfonds für Anleger eine sinnvolle Wahl. Tendieren die Märkte aber seitwärts oder drohen sogar Turbulenzen, hat ein aktiv verwalteter Fonds deutlich mehr Vorteile.

Immobilien: immer teurer

Das Dauerzinstief lenkte 2016 viel Kapital in die Immobilienmärkte. Gleichzeitig sind Kredite so günstig wie nie. Laut Deutsche Bank Research fielen die Hypothekenzinsen im Juli mit fünf- bis zehnjähriger Zinsbindung im Juli auf ein Allzeittief bei 1,59 Prozent. Beide Faktoren heizen die Nachfrage nach „Betongold“ an. Wie der Immobilienpreisindex von Empirica belegt, steigen die Preise stärker als die Mieten. „Die Gefahr einer Preisblase wächst“, berichten die Wissenschaftler. Die Bundesbank sprach bereits Ende 2014 von „Übertreibungen“ in einigen Städten. Seitdem sind die Preise weiter kräftig gestiegen, auch in diesem Jahr.

Eine Immobilie in guter Lage kann immer noch eine sinnvolle Kapitalanlage sein. In den A-Städten wie Berlin, Frankfurt und München werden solche Objekte aber knapp. Daher richten Investoren ihren Blick in B- und C-Städte. Im Osten Deutschlands zum Beispiel sind laut TAG Immobilien Renditen von durchschnittlich bis zu neun Prozent möglich. Aktuell noch chancenreich seien kleine Städte im Umland der Großstädte: Strausberg bei Berlin und Freiberg bei Dresden seien dafür gute Beispiele. Letztlich sollte eine Kaufentscheidung nur nach gründlicher Recherche vor Ort erfolgen.

Tipp: Berücksichtigt man neben dem historisch tiefen Zinsniveau die relativ stark gestiegenen Löhne, sind bundesweit Einfamilienhäuser so erschwinglich wie nie, berichtete gerade erst der Immobilienverband IVD.

Basisrente: verspricht Rendite

Für Selbstständige ist die Basisrente dagegen eine Möglichkeit, steuerbegünstigt für das Alter vorzusorgen. Die Rendite resultiert zu einem Großteil aus dem Verzicht des Fiskus. „Bei einem sicherheitsorientierten Tarif sind immer noch mehr als drei Prozent pro Jahr möglich“, sagt Michael Hauer, Geschäftsführer des Instituts für Vorsorge- und Finanzplanung.

Ein Abschluss muss gut überlegt sein, denn der Sparer kann nur seine Beitragszahlungen aussetzen, nicht aber den Vertrag kündigen. Damit der Steuervorteil nicht verpufft, sollte man auf die Kosten achten. Tarife ohne einkalkulierte Provisionen – sogenannte Nettotarife – versprechen höhere Renditen.

Tipp: Am chancenreichsten sind Basisrenten-Fondssparpläne, die auch in Aktien investieren dürfen. Erst zu Beginn der Auszahlungsphase erfolgt dann die Wandlung in eine Rentenversicherung mit monatlichen Leistungen.

Gold: glanzvolles Comeback

Der Preis des gelben Metalls ist in den ersten zehn Monaten dieses Jahres um 26 Prozent auf rund 1.300 Dollar gestiegen. In Euro gerechnet lag der Zuwachs bei 20 Prozent. Aktuell steht der Preis unter Druck. Der Grund ist die mögliche Leitzinserhöhung in den USA. Andreas Böger, Fondsmanager des C-Quadrat Gold & Resources Fund, sieht den Aufwärtstrend bei dem Edelmetall aber intakt. „Gold ist eine sichere Anlage“, sagt er. Mögliche Zinsschritte der Fed würden zu gering ausfallen, insbesondere die realen Zinsen, also abzüglich der Inflationsrate, dürften niedrig bleiben. Ähnlich sieht das Thorsten Polleit, Chefvolkswirt bei der Degussa Goldhandel GmbH. Die durch die Notenbanken verursachte Geldschwemme spreche für einen weiter steigenden Goldpreis.

Tipp: Tatsächlich macht das gelbe Metall als Portfolio-Beimischung durchaus Sinn – für Krisenzeiten. Anleger können Münzen oder Barren kaufen oder Anteile an einen Gold-ETF oder Goldminenaktienfonds erwerben.

Fazit:

Geldanlage war wohl für Privatanleger selten so schwierig wie heute. Denn die Politik der Notenbanken beeinflusst die Preise auf allen Märkten. Gleichzeitig sitzen EZB, Fed & Co. in einer selbstgestellten Falle. Ohne Unterstützung der Regierungen sind sie nicht mehr in der Lage, ohne einen Börsenkrach das Zinsniveau wieder auf Normalmaß anzuheben. Damit bieten 2017 für private Investoren vor allem Sachwerte wie Aktien, Immobilien und Gold Chancen auf eine vernünftige Rendite. Jede Anlageentscheidung muss aber zum Bedarf und zum Risikoprofil des Anlegers passen.

Zehn Grundsätze der Geldanlage

Handwerksunternehmer, die ihr Geld strategisch investieren wollen, sollten dazu einige Regeln kennen. Was Sie bei Ihrer Geldanlagestrategie im neuen Jahr beachten sollten.

1. Lernen Sie sich kennen
Vor jeder Anlageentscheidung sollte eine persönliche Bestandsaufnahme stehen. Definieren Sie: Vermögenssituation, Anlageziel, Anlagehorizont, Risikobereitschaft.

2. Nichts ist umsonst und ohne Risiko
Mehr Chancen bedeutet immer mehr Risiko. Grob gibt es vier Risikoarten: Wertschwankungen, Liquiditätsrisiko, Bonitätsrisiko, Inflationsrisiko. Kosten und Steuern schmälern die Rendite zusätzlich.

3. Handeln Sie antizyklisch
Menschen lassen sich von der allgemeinen Nachrichtenlage beeinflussen. Daraus folgt für die Börse: Am Ende eines Hochs (Hausse) kommt es zum „Kaufrausch“; am Ende eines Tiefs (Baisse) zur „Verkaufspanik“. Anlageprofis denken und handeln genau anders herum.

4. Zukunftsprognosen sind schwierig
Oft werden frühere Entwicklungen für künftige Prognosen herangezogen, obwohl Vergangenheitswerte kein verlässlicher Indikator für die Zukunft sind. Wichtige Prognosen für die Geldanlage müssen mit Vorsicht betrachtet werden.

5. Streuen Sie Ihre Risiken
Um das Portfolio stabiler zu halten, sollte das Geld auf verschiedene Anlageprodukte wie Aktien oder Anleihen verteilt werden – auch regional. Ein breit gestreutes Portfolio ist weniger riskant als ein einzelnes Wertpapier – allerdings muss dabei auf eine maximale Rendite verzichtet werden.

6. Haben Sie Geduld und wahren Sie Disziplin
Kursschwankungen sind normal. Je länger der Anlagehorizont, umso geringer fallen sie ins Gewicht. Indes können negative Renditen über die gesamte Laufzeit nie ausgeschlossen werden. Handeln Sie daher diszipliniert. Halten Sie an Ihrem Anlagekonzept fest.

7. Beachten Sie die Bonität
Insbesondere für Anleihen, Zertifikate und Einlagen besteht ein Bonitätsrisiko – also die Gefahr, eine Rückzahlung oder Ertragszahlung nicht zu erhalten. Mithilfe von Ratings lassen sich diese Risiken besser abschätzen. Es ist aber immer nur eine Momentaufnahme.

8. Machen Sie nur, was Sie verstehen
Damit Sie sich mit einer Investition „wohlfühlen“, ist es wichtig, diese auch verstanden zu haben. Ein guter Indikator dafür ist, ob Sie die wesentlichen Eigenschaften einer Anlage, also Chance, Risiko und Kosten, jemand anderem erklären können.

9. Dokumentieren Sie Beratungsgespräche
Im Beratungsprotokoll werden Inhalte und Empfehlungen aus dem Gespräch mit einem Finanzberater dokumentiert. Das Protokoll soll Sie vor Fehlentscheidungen schützen.

10. Früher Start ist die beste Geldanlage
Aus Angst vor Fehlinvestitionen schrecken viele Menschen vor einer Geldanlage zurück. Wer aber für seine Altersvorsorge sparen will, sollte wegen des Zinseszinseffektes möglichst früh beginnen.