Made in Germany Vertragsrecht - so viel Deutschland muss drin sein

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Das Siegel „Made in Germany“ gibt an, wo das Produkt zu wesentlichen Teilen hergestellt wurde. Ein besonderes Qualitätsversprechen ist damit nicht verbunden. Daran ändern auch dubiose Zertifizierungsangebote nichts, die derzeit über das Internet angeboten werden.

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    Internationale Arbeitsteilung sorgt dafür, dass das Label „Made in Germany“ immer stärker verwässert wird.
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    Rechtsanwalt Dr. Jörg König, Kanzlei BRANDI, Bielefeld, auf die Frage, zu wie viel Prozent ein Produkt „Made in Germany“ tatsächlich in Deutschland produziert worden sein muss: »Es gibt keine bestimmte Prozentzahl. Es handelt sich um eine Wertungs­frage.«

Wie sich die Zeiten ändern: Während das Siegel „Made in Germany“ im 19. Jahrhundert die Engländer vor minderwertiger Ware aus Deutschland warnen sollte, mauserte sich die Herkunftsbezeichnung nach dem Zweiten Weltkrieg weltweit zur echten Vertrauensmarke in Sachen Qualität. Das hat sich bis zum heutigen Tag nicht geändert. Rein j uristisch betrachtet, handelt es sich bei der Bezeichnung aber ausschließlich um eine Herkunftsangabe –bestimmte Qualitätsversprechen verbinden die Gerichte hierzulande damit nicht. Denn „Made in ...“ bedeutet übersetzt nichts anderes als „Hergestellt in ...“. Dennoch gibt es häufig Ärger wegen des Siegels. Denn mehr und mehr Produkte werden in internationaler Arbeitsteilung gefertigt.

Wesentliche Leistungen müssen in Deutschland erbracht werden

Und nach wie vor sind im Ausland häufig die Personalkosten niedriger, der Strom preiswerter und die Steuersätze günstiger. Kommt auch noch der Rohstoff aus dem betreffenden Land, liegt es nahe, die Produktion nach deutscher Rezeptur dorthin zu verlagern.

Das dachte sich auch ein deutscher Kondomhersteller. Er ließ die Kondomrohlinge in Fernost herstellen und in Deutschland befeuchten, verpacken und versiegeln sowie auf Dichtigkeit und Reißfestigkeit untersuchen. Weil die Produkte im Internet mit „Made in Germany“ beworben wurden, zog ein Konkurrent vor Gericht.

Am Ende befand der Bundesgerichtshof (BGH), dass es für die Richtigkeit der Angabe „Made in Germany” notwendig, aber auch ausreichend ist, wenn die Leistungen in Deutschland erbracht worden sind, durch die das zu produzierende Industrieerzeugnis seine aus Sicht des Verkehrs im Vordergrund stehenden qualitätsrelevanten Bestandteile oder wesentlichen produktspezifischen Eigenschaften erhält (Az.: I ZR 16/14).

Bei Kondomen komme es auf die Dichtigkeit und Reißfestigkeit an, betonten die Karlsruher Richter. Diese Eigenschaften bildeten sich bereits bei der Herstellung im Ausland. Daran ändere auch die spätere Kontrolle in Deutschland nichts mehr.

Deshalb sei die Werbung mit „Made in Germany“ rechtswidrig. Dieses Ergebnis hat der BGH zwischenzeitlich im Fall eines deutschen Brotfabrikanten bestätigt. Dieser hatte Piadina-Brot nach italienischem Rezept über eine in Deutschland ansässigen Firma hergestellt. Das Brot kam in italienisch anmutender Verpackungsaufmachung und der aufgedruckten italienischen Flagge in den Verkehr. „Der BGH meinte, dass sich der gestalterische Hinweis auf Italien nur auf eine Herstellung des Brotes in diesem Land beziehe“, erläutert Rechtsanwalt Dr. Jörg König von der Kanzlei BRANDI. Das heißt: Mit diesen Angaben hätte das Brot in Italien hergestellt werden müssen.

Zertifizierung bringt nichts

Weil es in der Praxis für Kunden immer schwerer wird, in Deutschland produzierte Waren überhaupt zu erkennen, haben sich 2014 sowohl kleinere Werkstätten als auch große Familienbetriebe zu der Initiative „Handmade in Germany“ zusammengeschlossen.

Die Betriebe garantieren mit dem Label Handarbeit in Deutschland, höchste Wertigkeit und Liebe zum Detail. Daneben bieten Beratungsunternehmen im Internet sogar eine Zertifizierung „Made in Germany“ an. Beim Anbieter „Deutsches Institut für Qualität und Zertifizierung“ muss zum Beispiel nachgewiesen werden, „dass mindestens 50 Prozent der Wertschöpfung eines Produktes oder einer Produktgruppe einschließlich inländischer Zulieferer aus dem deklarierten Herkunftsland stammen. Der Schwerpunkt der Prüfung liegt in den Bereichen: Buchführung, Kostenrechnung und Einkauf“.

Für Rechtsanwalt Dr. Jörg König heißt dies nichts anderes, als dass man „im Rahmen der Zertifizierung nur rein quantitativ nachprüft, soweit dies überhaupt möglich sein mag“. Die vom BGH verlangte Wertung finde gerade nicht statt und sei dem Institut vermutlich auch gar nicht ohne Weiteres möglich. Handwerker liefen deshalb Gefahr, „dass sie selbst dann, wenn sie eine solche Zertifizierung erfolgreich durchlaufen, wettbewerbsrechtlich angreifbar sind“.

Wann Sie „Made in Germany“ verwenden dürfen

Immer wieder beschäftigen sich die Gerichte mit dem Label „Made in Germany“. Ob die Hersteller das Siegel verwenden dürfen, ist eine Abwägungsfrage im jeweiligen Einzelfall. Mit Herkunftsangaben sollten Handwerker jedenfalls vorsichtig umgehen.

Ausländische Rohstoffe. Ob die verwendeten Rohstoffe teilweise oder vollständig deutschen Ursprungs sind, ist rechtlich grundsätzlich unerheblich. Denn der eigentliche Wert des Rohstoffs liegt in der Verarbeitung in Deutschland. Dafür spricht auch das Wort „Made“.

Einbau ausländischer Produkte. Wenn ein Handwerker ausländische Produkte statt deutsche „Made in Germany“ einbaut, verhält er sich laut Rechtsanwalt Dr. Jörg König nur dann vertrags- und rechtswidrig, wenn er sich im Vertrag verpflichtet hat, „Made in Germany“ zu liefern. Selbst bei gleicher Qualität dürfte es sich nämlich um eine Zusicherung handeln, wenn der Kunde ausdrücklich „Made in Germany“ verlangt und der Handwerker sich dazu verpflichtet hatte.

Keine erhöhten Pflichten. Baut der Handwerker Ersatzteile „Made in Germany“ ein, gelten allerdings keine erhöhten Gewährleistungs- oder Haftungsregeln. Bricht ein Rohr „Made in Germany“, sind folglich die normalen Gewährleistungs-/Haftungsregelungen anzuwenden.

Dresdner Stollen, Nürnberger Würstchen etc.. Für diese ortsbezogenen Herkunftsangaben gilt nichts anderes als zu „Made in Germany“ – sie dürfen die Kunden nicht irreführen, sonst drohen Abmahnungen der Wettbewerber. Sie sind darüber hinaus nach dem Markengesetz geschützt. Daneben gibt es europarechtliche Regelungen und zwischenstaatliche Verträge, in denen Herkunftsangaben geschützt werden. Last but not least dürfen auch keine nicht existierenden Ortsangaben verwendet werden.