Vermögensmanagement Endlich Ordnung in den Finanzen

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Geldanlage und Vermögensaufbau

Im Alltag bleibt oft keine Zeit, das Vermögen strategisch zu verwalten. Profis unterstützen beim Aufbau und Erhalt. handwerk magazin erklärt, worauf es ankommt und wer was braucht.

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    © Heike Kreutzberger
    Die Unternehmerfamilie Hohn an einem Tisch (v. li.): Sohn und Nachfolger Oliver Hohn, Schwiegersohn Phillip Breuer (stehend), Mutter Sabine Hohn, Tochter Kathrin Breuer und Noch-Unternehmer Gottfried Hohn.
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    © Heike Kreutzberger
    „Im Arbeitsalltag bleibt nur wenig Zeit, sich um die eigene Vermögensplanung vernünftig zu kümmern.“

Seit fast 30 Jahren leitet Gottfried Hohn einen Handwerksbetrieb. Fast 30 Jahre voller Einsatz. Und klar, er hat sich immer auch um den Aufbau des Privatvermögens und seine Altersvorsorge gekümmert. Mal hier den Tipp eines Freundes beherzigt, mal dort auf den Rat eines vermeintlichen Finanzprofis gehört.

Jetzt will Hohn sein Unternehmen, Hohn – Bad, Küche, Haustechnik in Hennef, zum Jahresende an Sohn Oliver übergeben und brauchte aus diesem Grund eine Vermögensaufstellung. Das Ergebnis, gibt er zu, habe ihn dann doch etwas schockiert. Nicht weil er im Alter um sein Auskommen fürchten muss. Aber was sich da im Laufe der Jahre angesammelt hatte, war „ein ziemliches Durcheinander“. Eine Vielzahl von Fondspolicen, Lebensversicherungen und verschiedenen Bausparverträgen. Zusätzlich Immobilien, eigengenutzt und vermietet. „Es wurde Zeit, dass da mal jemand aufräumt.“ Hohn wandte sich an die Böker & Paul AG, Kanzlei für Vermögensmanagement und machte damit einen Schritt, der in Deutschland selten ist. Während in der Schweiz oder den USA rund 30 Prozent der Anleger das Wissen unabhängiger Vermögensmanager nutzen, können deutsche Anbieter von solchen Zahlen nur träumen. Etwa fünf Prozent des deutschen Vermögens, schätzt Markus Kiefer von der V-Bank in München, wird derzeit von professionellen Verwaltern gemanagt. Nur jeder Zwanzigste nimmt entsprechende Dienste in Anspruch. Denn einerseits glauben viele, dass professionelle Unterstützung erst bei großen Vermögen Sinn macht, zum anderen hat die Branche nicht den besten Ruf, weil nicht alle Berufsbezeichnungen geschützt sind (siehe Tabelle unten).

Doch wer sich mit dem Thema befasst, merkt schnell, dass sich die Bedenken zerstreuen lassen. Das beginnt schon bei der Frage nach der Seriosität. Es gibt durchaus Kriterien, an denen sich gute Beratung erkennen lässt. Unabhängige Finanzanlageberater benötigen eine Zulassung nach der Gewerbeordnung. Unabhängige Vermögensverwalter müssen eine Lizenz bei der Bafin beantragen und werden regelmäßig geprüft. Interessenten haben es einfach: Etwa 600 Anbieter sind auf der Website der Bafin gelistet. Ein weiteres Kriterium für gute Beratung kann die Mitgliedschaft im Verband unabhängiger Vermögensverwalter (VuV) sein.

Neben der Seriosität spielt auch ein anderer Aspekt eine große Rolle: der gute Draht zwischen Vermögensprofi und Kunde. „Sympathie ist alles“, bringt es Thomas Paul, Vorstand der Böker & Paul AG, auf den Punkt. Auch Betriebsinhaber Hohn stimmt zu. „Das eigene Vermögen offenzulegen, ist eine sensible Geschichte“, weiß er aus eigener Erfahrung. „Das geht nur, wenn das Zwischenmenschliche passt.“

Auch die Annahme, dass Vermögensverwalter erst bei sehr großen Vermögen tätig werden, ist so nicht haltbar. Ab 250 000 Euro Anlagesumme steigt zum Beispiel die Commerzbank in die Vermögensverwaltung ein. Das Bankhaus bietet seit 2013 eine unabhängige Vermögensverwaltung für Privat- und Geschäftskunden an. Es werden bewusst nicht nur hauseigene Produkte angeboten, sondern die passenden in der jeweiligen Anlageklasse. Zudem sitzen die Vermögensverwalter nicht in der Filiale, sondern zentral in Frankfurt.

Beratung erst ab 250 000 Euro

Das Gros der Experten hat zwar überwiegend deutlich vermögendere Kunden. Doch seit einigen Jahren bewegt sich der Markt. Wobei professionelle Unterstützung bei Vermögen unter einer Viertelmillion allerdings nicht zielführend ist – aus Kundensicht. Wenn es um weniger Geld geht, rechnen sich die Jahresgebühren, die im Schnitt bei 1,5 bis 1,8 Prozent vom zu betreuenden Gesamtvolumen liegen, nicht mehr. Einige Experten raten erst ab einem Vermögen ab 500 000 Euro zu professioneller Betreuung.

Von den rund 12,5 Milliarden Euro in der Commerzbank Vermögensverwaltung entfallen derzeit rund zwei Milliarden Euro auf Kunden im Segment zwischen 250 000 und einer Million Euro. Sehr viele dieser Kunden kommen aus dem Mittelstand und aus dem Handwerk. Gerade für mittelständische Kunden, so Dirk Heuser, Leiter Portfoliomanagement Vermögensverwaltung der Commerzbank, liegen die Vorteile professioneller Vermögensverwaltung auf der Hand. Hier sind Betriebsinhaber oft ins Alltagsgeschäft eingebunden, sodass für strategische Vermögensplanung wenig Zeit bleibt.„Viele Chancen der Vermögenssicherung und des Vermögensaufbau bleiben dann ungenutzt“, sagt Thomas Paul.

Kunde entscheidet über Leistungen

Auch die Angst, die Kontrolle über die eigenen Finanzen zu verlieren, lässt sich zerstreuen. Faktisch entspricht das Angebot von Finanzmanagern oft einem Baukastensystem. Jeder Kunde entscheidet selbst, wie viel Dienstleistung er möchte. Das reicht von reiner Beratung bis zur Handlungsvollmacht in verschiedenen Abstufungen und von der Konzentration auf reine Investmentgeschäfte bis zum Management des Gesamtvermögens – und kann sogar darüber hinausgehen.

Family Offices gehen diesen Schritt und kümmern sich nicht nur um das Vermögen eines Einzelnen, sondern beziehen die ganze Unternehmerfamilie mit ein (siehe Kasten, Seite 57). Zudem übernehmen Family Offices oder große Kanzleien für Vermögensmanagement auch die Bearbeitung von Post, die Verwaltung von Gebäuden und erstellen Abrechnungen für die jeweiligen Mieter.

Am Anfang der Zusammenarbeit, erläutert Vermögensberater Paul, steht die Bestandsaufnahme, eine Vermögensaufstellung. Darauf aufbauend wird der Finanzplan entwickelt. Dabei entscheidet der Kunde, wie viel Services er in Anspruch nehmen möchte. Für Hohn war klar, er will seine Vermögensentscheidungen künftig in den Händen von Spezialisten wissen. Er hat sich für das sogenannte standardisierte Vermögensmanagement entschieden.

Strategie gemeinsam festlegen

Das standardisierte Vermögensmanagement funktioniert so: Im ersten Schritt klären Kunde und Vermögensmanager, ob es dem Kunden um Vermögenserhalt, -ausbau oder Wachstum geht. Dementsprechend wird die Strategie aufgebaut. Je nachdem, ob eine konservative, eine dynamische oder eher eine risikofreudige Anlagestrategie gewünscht wird, wird mehr in Aktien oder Rentenpapiere investiert.

Hohns Vermögensaufstellung, verrät sein Berater, wird künftig anders aussehen. Von einigen Lebensversicherungen und Bausparverträgen hat sich der künftige Rentner bereits verabschiedet, andere wurden gebündelt. Eine Immobilie wanderte vom Betriebsvermögen ins private. Wertpapiere werden für ihn künftig eine größere Rolle spielen als bisher.

Ein Effekt, der oft eintritt, wenn Vermögensmanager ins Spiel kommen. Weil Unternehmer die Spielregeln des Geldmarktes nicht gut genug kennen, trauen sie sich oft nicht, in Aktien zu investieren. Tatsächlich aber, so Finanzexperten, spielen gerade in der derzeitigen Zinssituation vor allem Aktien eine entscheidende Rolle bei Vermögensaufbau und Sicherung.

Hohn ging es da nicht anders. „Ich wollte mich damit auch gar nicht befassen.“ Auch ein Grund, warum er künftig die Profis ranlässt. Schließlich, schmunzelt er, wird die Zeit ja nicht mehr. Und im Ruhestand will er sie einfach genießen. Während das Geld arbeitet.

Family Offices: Management für größere Vermögen

Unternehmerfamilien können das gemeinsame Vermögen von Profis managen lassen. Wie Family Offices funktionieren und was sie bieten.

Family Offices. Ziel von Family Offices ist es, das Vermögen von Unternehmerfamilien genauso professionell zu managen wie die Unternehmen selbst. Während Hausbank, Steuerberater, Immobilienberater und andere Finanzexperten immer nur einzelne Aspekte – oft auch nur einzelner Familienmitglieder – im Auge haben, agiert ein Family Office ausschließlich im Sinne der Familie. Finanziert über Festhonorare, erstellt es sozusagen im ersten Schritt einen Businessplan für das Privatvermögen, im zweiten Schritt übernimmt es das Con-trolling und den Vermögensaufbau.

Single-Family-Offices und Multi-Family-Offices. Unterschieden werden Single-Family-Offices, die sich wie beispielsweise wie die in der Schweiz ansässige Jacobs Holding nur um das Vermögen einer einzelnen Familie kümmert, und sogenannte Multi-Family-Offices, die im Schnitt zehn bis 15 Familien betreuen. Damit sich ein Single-Office lohnt, sollte das Vermögen mindestens 100 Millionen Euro betragen. In Multi-Offices werden im Vermögen zwischen 25 bis 50 Millionen pro Familie gemanagt. Einige Family-Offices werden aber auch schon ab einstelligen Millionenbeträgen tätig.

Varianten Wie bei Vermögensverwaltern gibt es auch bei Family-Offices vollkommen unabhängige Institute und sogenannte „Clones“, die Geschäfts- oder Privatbanken angegliedert sind. Kritik an den Clones ist auch hier die zu starke Nähe zu den eigenen Produkten.