Verkaufsgespräche Effektiv ­Verkaufen statt nett ­plaudern

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Verkaufsgespräche

„Danke, wir überlegen uns das noch mal.“ Wenn Kunden nach einer umfassenden Beratung noch derart unentschlossen reagieren, sinken die Chancen auf einen Auftrag drastisch. Wie Sie Interessenten schon im Erstgespräch als Auftraggeber gewinnen.

Florian Sauer, Schreinermeister in Fürstenfeldbruck, kann mit wenigen Strichen Kundenwünsche visualisieren und hat dadurch ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal im Verkaufsgespräch. - © Lisa Hörterer

An die Zeit, als er noch Abende und Wochenenden damit verbrachte, Angebote zu schreiben, erinnert sich Ralph Pusch eher ungern. „Und zwar nicht nur wegen der wertvollen Freizeit, die das kostete“, blickt der Installateur- und Heizungsbaumeister aus Crivitz bei Schwerin rund anderthalb Jahrzehnte zurück. Viel mehr störte es ihn, mit dem Versand der Angebote zugleich den Einfluss darauf aus der Hand zu geben, wie die Empfänger – schon damals fast ausnahmslos private Hausbesitzer – die Kostenaufstellungen „interpretierten und bewerteten“.

Wartezeit kostet Aufträge

Gemessen an dem positiven Gefühl, mit dem er zumeist von Beratungsgesprächen zurückkehrte, erlebte Pusch die Quote der daraus generierten Aufträge als „ziemlich unbefriedigend“: Selbst wenn er nur wenige Tage benötigte, um Kunden ein maßgeschneidertes Angebot zu unterbreiten, veränderten sich in dieser kurzen Zeit deren Einstellungen und Erwartungen „mitunter überraschend“, wie der Handwerker registrierte, „was nur selten mit unseren Angeboten zu tun hatte“. Entscheidungen wurden im Alltag teilweise auf die lange Bank geschoben, Gerüchte und Halbwissen bis zur Verunsicherung aufgesogen und – beim Nebeneinander mehrerer Angebote – nicht selten Äpfel mit Birnen verglichen.

„Zu viele potenzielle Auftraggeber gingen uns durch solche Unwägbarkeiten in der Angebotsphase verloren“, konstatiert Pusch rückblickend. Bei einem Großteil der Interessenten bedurfte es intensiver Folgegespräche, oft sogar zusätzlicher „Hausbesuche“, um Aufträge unter Dach und Fach zu bringen. Angesichts der langen Anfahrtswege in den Weiten Mecklenburgs ein viel zu zeitintensives Prozedere, analysierte der gebürtige Rheinländer und schlussfolgerte: „Hier mussten wir effektivere Lösungen finden.“

Festpreisangebote mit System

Wenn Pusch und seine beiden leitenden Mitarbeiter heute von einer Erstberatung mit Kunden zurückkommen, bringen sie in mehr als 50 Prozent der Fälle einen bereits unterschriebenen Auftrag mit: „Zweittermine sind für uns zur Ausnahme geworden“, freut sich der Inhaber der Pusch Heizung-Sanitär GmbH & Co KG.

Das wohl entscheidende Erfolgsgeheimnis bringt der Chef von zehn Mitarbeitern zu jedem Kundengespräch in seinem Koffer mit: ein Preiskartensystem. Ob ein Hausbesitzer beispielsweise eine Gas- oder Ölbrennwertheizung, eine Thermosolaranlage oder eine Wärmepumpe wünscht: „Für jede Grundkomponente kann ich auf der Stelle Festpreisangebote aus dem Ordner ziehen“, verspricht der Handwerksmeister. Deren Kalkulation beruhe auf Erfahrungswerten bisheriger Installationen und aktuellen Stundenverrechnungssätzen: „Wir verzichten hier bewusst darauf, jede einzelne Schelle aufzulisten.“ Der komplette Austausch und Einbau der jeweiligen Aggregate inklusive aller notwendigen Armaturen und Zubehörteile sei ebenso einberechnet wie Montagekosten und Mehrwertsteuer.

„Damit steht der Löwenanteil des Angebotes mit einem Handgriff fest“, erklärt der Unternehmer. Zusätzliche Leistungen wie etwa die Umrüstung von Heizkörperventilen oder der Einbau einer Fußbodenheizung ließen sich in dazugehörigen vorgedruckten Formblättern mit wenigen Federstrichen ergänzen. „Auf diese Weise kann ich in etwa fünf Minuten live beim Kunden ein unterschriftsreifes, verbindliches Angebot erstellen“, lässt der Verkaufsprofi staunen. Unabdingbar sei allerdings eine „vorherige gründliche Analyse der individuellen Kundenwünsche“, hebt er hervor: „Dafür nehmen wir uns in der Regel anderthalb Stunden Zeit, erklären am Computerbildschirm und mit Funktionsmodellen die technischen Optionen, sind aber einen Großteil der Zeit vor allem aufmerksame Zuhörer.“

Eine Tugend, die Verkäufer allzu oft vermissen lassen, wie Jan Helge Guba vom Sales & Marketing Department der Ruhr-Universität Bochum aus diversen Untersuchungen weiß. So habe eine Beobachtung von Kundengesprächen in Autohäusern gezeigt, dass Verkäufer dort ihr Gegenüber allzu schnell in Schubladen einsortieren wie „Junge Leute haben wenig Geld“, oder dass sie sich beim „Kennenlernen“ auf das Ankreuzen von Ausstattungsmerkmalen verlassen.

Vorurteile ad acta legen

„Beides führt zu Fehleinschätzungen“, warnt Guba, „mit der Folge, dass Kunden mit Informationen bombardiert werden, die sie nicht wünschen und die damit eher abschrecken.“ Wer die wahren Bedürfnisse von Menschen ergründen wolle, müsse sich individuell auf sie einlassen: „Den einen erreichen Sie zum Beispiel eher mit rationalen Argumenten, den anderen eher mit emotionalen“, so Guba. Solche Unterschiede zu erkennen entscheidet wesentlich über Erfolge und Misserfolge im Verkauf.

Einen besonderen Weg der Kommunikation hat Florian Sauer für seine Kunden und sich entdeckt. Der gelernte Schreiner arbeitet seit mehreren Monaten in Verkaufsgesprächen mit räumlichen Handskizzen. Die Techniken dafür hat er im Kurs „Gestalter im Handwerk“ erlernt, den er seit fast zwei Jahren an der Akademie für Gestaltung und Design in München besucht. „Das Zeichnen nimmt hier mit mehr als 250 Stunden sehr großen Raum ein, freut sich der 35-Jährige, der neben seinem Hauptjob in einer Schreinerei noch einen Nebenerwerbsbetrieb für Holz- und Terrassenbau sowie Möbelanpassungen betreibt.

„Durch die Dreifachbelastung muss ich besonders effizient arbeiten“, erklärt der 35-Jährige. Das gelte natürlich auch für die Akquisition. Wenige Striche, die Sauer in drei bis fünf Minuten mit Bleistift, Feinliner oder Kugelschreiber aufs Papier bringt, reichen in aller Regel aus, um sicherzustellen, dass er und seine Kunden tatsächlich dieselbe Idee im Kopf haben, bevor sie sich vertraglich binden. Bei drei von vier Neukunden ist der Handwerker aus Fürstenfeldbruck damit erfolgreich.

Handskizzen im Trend

„Die schnelle Handskizze ist als Entscheidungshilfe im Verkaufsgespräch angesagter denn je“, bestätigt auch Meike Scholer von der Villeroy & Boch Global Academy. So hätten sich die Buchungszahlen für die gleichnamigen Zweitageskurse der Academy „gegenüber 2011/12 ungefähr verdoppelt“. Die Ursachen für den Boom sind nach ihrer Überzeugung vielschichtig. „Während CAD-Programme inzwischen als Standard wahrgenommen werden, bieten handgefertigte Skizzen die Chance, Exklusivität zu zeigen.“ Die Grundtechniken könne zudem jeder erlernen, versichert die Mitarbeiterin des Mettlacher Keramikherstellers: „Das ist zuerst eine Frage von Übungsfleiß, geschultem Auge und guter Anleitung.“

Den Mehrwert optisch zeigen

Wie entscheidend die visuelle Unterstützung für den Verkaufserfolg ist, zeigen die Ergebnisse der Manufactum-Handwerksstudie 2015 von Würth: Knapp 90 Prozent der Top-Ten-Betriebe setzen zur Erläuterung ihrer Leistung Muster und Ausstellungsstücke ein, 80 Prozent der Spitzenbetriebe ergänzen die Angebote mit Bildern und entsprechenden Skizzen. Ziel ist es, den Kunden ein verständliches und anschauliches Angebot zu unterbreiten, das den Mehrwert der Leistung für den Kunden überzeugend transportiert.

„Erfolgreich verkaufen heißt im Handwerk vor allem, potenziellen Auftraggebern überzeugendere Kaufargumente zu liefern als nur den Preis“, bestätigt der Münchener Marketingexperte Hermann Scherer (siehe rechts). Nutzen, Sicherheit, Anerkennung und Status zählten dabei zu den wichtigsten Kategorien. Um hier glaubwürdig zu punkten, genügten nicht nur Behauptungen: „Hier sind Beweise gefragt“, mahnt Scherer, „und zwar jeden Tag aufs Neue.“

Spezialisierung als Erfolgsfaktor

Dass Ralph Pusch und sein Team mit mehr als jedem zweiten Neukunden bereits im ersten Gespräch handelseinig werden, ist mit den Preiskarten allein natürlich nicht zu erklären. Den Weg zum heutigen Erfolgskonzept vergleicht der Firmeninhaber und leidenschaftliche Segler mit „einer Langstreckenregatta, bei der wir alle Abläufe an Bord und sogar unser Boot selbst seit Jahrzehnten immer weiter optimieren“.

So spezialisierte sich der Familienbetrieb, der früher auch im Sanitärbereich und im Objektgeschäft tätig war, seit Einführung der neuen Verkaufsstrategie konsequent auf die Modernisierung von Heizungen in Einfamilienhäusern. Seit mehreren Jahren hebt sich die Firma zudem durch das TÜV-Siegel „Profi im Handwerk“, durch seinen 24-Stunden-Bereitschaftsdienst, ein Heizmobil für Sanierungsvorhaben in der kalten Jahreszeit sowie eine 15-Jahres-Garantie auf alle installierten Komponenten von der Masse der Wettbewerber ab.

Jeder persönlichen Kundenberatung geht bei Pusch zudem ein etwa zwanzigminütiges Telefonat voraus, in dem der Chef oder ein Meister einige Tage zuvor die wichtigsten Informationen zum geplanten Projekt mit den Interessenten bespricht und in einem strukturierten Protokoll erfasst. „Dabei bereiten wir nicht nur uns, sondern auch die Anfrager auf das spätere Beratungsgespräch vor“, betont der Firmenchef.

So würden ausschließlich Termine vereinbart, an denen „alle relevanten Entscheider – also zum Beispiel beide Ehepartner – teilnehmen können“. Die wichtigsten Informationen senden die Heizungsbauer anschließend, auf einer knappen Seite zusammengefasst, per Brief an ihre Kunden in spe. Fast 400 Kundenbewertungen mit Gesamtnoten von 4,3 beziehungsweise 4,8 von fünf möglichen Sternen auf den Portalen www.heizungsfinder.de und www.institut-fuer-kundenzufriedenheit.de erleichtern Neukunden zusätzlich die Entscheidung für eine neue Heizung aus Crivitz.

Wie Interessenten zu ­ Käufern werden

„Nach dem Preis entscheiden Kunden nur, wenn ihnen bessere Argumente fehlen“, sagt Verkaufsprofi Hermann Scherer. Wie Unternehmer überzeugende Argumente liefern können, verrät der weltweit unter den Top-Ten geführte Verkaufstrainer und Fünf-Sterne-Redner den Lesern von handwerk magazin.
  • Vertrauen schaffen
    Sind die Firmen-Homepage und der Auftritt Ihrer Firma vertrauens erweckend? Existieren positive Beurteilungen auf Bewertungsportalen oder Briefe zufriedener Kunden, die Sie als Referenz vorweisen können? Bieten Sie Garantien? Halten Sie Absprachen und Termine verlässlich ein?
  • Kunden ernst nehmen
    Greifen Sie Einwände Ihrer Kunden stets positiv auf, nie abwehrend! Vermeiden Sie Fachchinesisch. Bitten Sie Ihr Gegenüber um Erlaubnis, bevor Sie persönliche Fragen stellen. Erklären Sie, warum Sie bestimmte Informationen benötigen.
  • Bedürfnisse ermitteln
    Versetzen Sie sich in die Gedankenwelt Ihrer Kunden! Eine Liste mit Ausstattungsmerkmalen abzuhaken genügt dafür in der Regel nicht. Bringen Sie ihre Kunden durch offene (nicht mit Ja oder Nein beantwortbare) Fragen dazu, eigene Wünsche zu beschreiben. Beispiel: „Was stellen Sie sich denn als Erstes vor, wenn Sie an Ihr künftiges Bad denken?“
  • Vielfalt reduzieren
    Die Fülle von Produkten, Normen und Vorschriften in vielen Gewerken verunsichert Laien und ist ein Kaufhindernis. Reduzieren Sie diese Komplexität auf ein überschaubares Maß mit ein bis zwei maßgeschneiderten Vorschlägen. Verzichten Sie auf die Erörterung unnötiger technischer Details.
  • Nutzen veranschaulichen
    Bestärken Sie Kaufentscheidungen durch Verweis auf den Kundennutzen! Vermeiden Sie dabei Allgemeinplätze wie „mehr Komfort“. Beschreiben Sie die Besonderheiten stattdessen einzelfallbezogen. Beispiel: „Nie mehr kalte Füße dank Ihrer neuen Fußbodenheizung“.
  • Leistung erlebbar machen
    Von gehörten Informationen bleibt nur ein winziger Bruchteil haften. Was zusätzlich gesehen, betastet, erschmeckt werden kann, verankert sich stärker im Gedächtnis. Was durch eigenes Tun zu Erfolgserlebnissen führt, vergisst man (fast) nie mehr. Deshalb: Präsentieren Sie in Bildern. Nutzen Sie Funktionsmodelle und Muster. Aktivieren Sie möglichst viele Sinne.
  • Preis einordnen
    Statt preissensiblen Kunden sofort Nachlässe anzubieten, sollten Sie die Kaufsumme für den Kunden rational einordnen. Zum Beispiel durch Verweis auf Energieeinsparungen während der Nutzungsdauer. Eine Alternative können auch kostenlose Zugaben sein. Wer Nachlässe gewährt, ohne den Angebotsumfang einzuschränken, riskiert seine Glaubwürdigkeit.