Ehrenamtliche Hilfe im Handwerk Soziales Engagement: Warum ich helfe? Ehrensache!

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Handwerker privat und Internationale Handwerksmesse

Sie gestalten Schulen, verschönern Kinderzimmer und retten Tiere: Wir stellen exemplarisch vier Handwerker vor, die ihre Ressourcen nutzen, um außerhalb des regulären Geschäfts Gutes zu tun.

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    Soziales Engagement - Norman Mittwoch
    © Gunnar Geller
    "Ich möchte Kindern Räume zum Wohlfühlen schaffen – für ihre Entwicklung und Zukunft", betont Norman Mittwoch (li.), Maler in Großenwiehe bei Flensburg.
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    Soziales Engagement - Stuart Clauß
    © Christian Ahrens
    "Mein Betrieb steht für Toleranz – mit dem Chill-Raum bringe ich diesen Wert an die Schule", sagt Stuart Clauß, Raumausstatter in Bad Honnef bei Bonn.
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    Soziales Engagement - Harald Bonsel
    © Tim Wegner
    "Die von mir initiierten Schulungen sollen Schwerhörigen Lebensfreude zurückgeben", erklärt Harald Bonsel, Hörgeräteakustiker in Reinheim bei Darmstadt.
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    Soziales Engagement - Michael Rumpeltes
    © Tanja Kernweiss
    "Tiere können sich nicht selbst helfen – deshalb unterstütze ich die, die sich um sie kümmern", so Michael Rumpeltes, Heizungsbauer in Ainring bei Berchtesgaden.

Dienstag, 18.30 Uhr, Feierabend: Norman Mittwoch kommt von seinem letzten Auftrag. Erschöpft von Tapezierarbeiten in einem Einfamilienhaus, packt der Maler Leiter, Pinsel und Wandfarben in sein Materiallager in Großenwiehe bei Flensburg. An Ausspannen nach der Arbeit ist für den Sohn eines Glasers noch nicht zu denken – wenn andere endlich ihre Beine hochlegen, setzt sich Mittwoch nach Dienstschluss an seinen Computer: Der angehende Malermeister muss noch Organisationsarbeit für seine Aktion „Handwerk hilft kostenlos“ leisten und potenzielle Sachspender anschreiben. „Viele Unternehmen stellen uns Möbel, Einrichtungsgegenstände und Fernseher zur Verfügung. Andere wiederum helfen mit Arbeitsmaterialien“, erklärt der Chef von zwei Gesellen und ergänzt: „Nur mit diesen Spenden kann ich dann später Gutes tun.“

Gutes tun, das heißt für den Inhaber der Malerei Mittwoch Kindern und Familien ohne Perspektive zu helfen. 2013 half er so einer jungen Mutter und ihrer dreijährigen Tochter beim Auszug aus einem Mutter-Kind-Heim in die erste eigene Wohnung. Mittwoch strich und tapezierte die von der Stadt zur Verfügung gestellten vier Wände und verlegte zudem einen neuen Bodenbelag. „Die Wohnung war in einem schlimmen Zustand, Putz fiel von den Wänden, der Fußboden war teilweise abgesackt“, erinnert sich der 38-Jährige und fügt hinzu: „Ich verbrachte rund 60 Stunden in der Wohnung.“ Bei der Frage nach der Motivation für diese Anstrengungen bleibt die Tastatur Mittwochs still, der Blick geht vom Bildschirm weg nach oben: „Ich liebe strahlende Kinderaugen“, platzt es aus dem Familienvater heraus, ehe er die Begründung nach kurzer Pause nachliefert: „Kindern müssen für ihre Entwicklung und Zukunft Räume zum Wohlfühlen geschaffen werden.“

Austattung für Kinderhort und Schule

Ums Kindswohl geht es auch Raumausstatter Stuart Clauß: Seine Firma PolsterPartner Clauß in Bad Honnef besorgte Sitzwürfel für einen Kinderhort und gestaltete den „Chill-Raum“ einer Schule. Zudem renovierte der Betrieb einen antiken Schreibtisch im Bonner Amt für Tourismus und stattete die Räumlichkeiten einer Behindertenwerkstatt sowie der Stiftung Deutsche Krebshilfe aus. Der in Australien geborene Firmenchef betont dabei, völlig auf Geldspenden verzichtet zu haben: „Die Schule beispielsweise startete vor unserer Aktion einen allgemeinen Spendenaufruf. Da dachte ich, mehr als mit unserem Geld helfen wir mit unserem handwerklichen Fachwissen.” Der 51-Jährige konnte so schon mehr als 100 Menschen in verschiedensten Einrichtungen helfen. „Ich bin so erzogen worden und es macht mir Spaß zu helfen“, begründet der Chef von neun Mitarbeitern seine soziale Ader und gibt ein paar Tipps zur Kontaktaufnahme: „Ich kann allen Handwerksunternehmern nur raten, auf öffentliche Projektbörsen zu gehen – da treffen hilfsbereite Betriebe immer auf Hilfe suchende Institutionen.“ An der in 92 Städten vertretenen Projektbörse der Bertelsmann-Stiftung „Marktplatz Gute Geschäfte“ (gute-geschaefte.org) nehmen beispielsweise alleine in Bonn 60 Firmen teil.

Hör- und Verstehschulungen gratis

Ähnlich kontaktierte Hörgeräteakustiker Harald Bonsel den Arbeiter-Samariter-Bund Mainz-Bingen. Über die Plattform „Mainzer Unternehmen machen mit“ (MUMM) bot der Geschäftsführer Hör- und Verstehschulungen für schwerhörige Menschen und deren Angehörige an: „Wir können natürlich nichts renovieren, verschönern oder aufbauen, aber mit unserem Handwerk können wir in Form von Wissensvermittlung trotzdem helfen“, erläutert der 57-Jährige das Engagement seines Unternehmens und fügt hinzu: „Aus diesem Grund haben wir eine Sozialpädagogin eingestellt, die die Auswirkungen der Schwerhörigkeit in Schulungen behutsam erklärt.“ Für Bonsel, der sich seit seiner Jugend ehrenamtlich engagiert, sind diese Zusatztätigkeiten seiner Firma selbstverständlich: „Ich denke vernetzt und investiere gerne Geld in Pädagogik, wenn bei Betroffenen dafür die Lebensfreude zurückkehrt.“ Bislang konnten durch die Seminare des 22 Filialen-Betriebs knapp 1000 Menschen erreicht werden.

Hilfstransporte für slowakische Tiere

Hilfe ganz anderer Art leistet Installateur und Heizungsbauer Michael Rumpeltes aus Ainring in der Nähe von Berchtesgaden: Der 48-Jährige nutzt seine Transporter seit 2011 für Hilfslieferungen an ein privates Tierheim in der Slowakei. „Auf dem kleinen Grundstück leben mindestens 50 Katzen und 20 Hunde, für die eise ich mich gerne zwei Tage von der Arbeit los und versorge sie mit Futtersäcken“, sagt der Chef von zehn Mitarbeitern und schiebt auch gleich die Begründung hinterher: „Tiere können sich nicht selbst helfen, deswegen unterstütze ich Menschen, die sich um sie kümmern.“ Derzeit plant der Inhaber des 1991 gegründeten Familienbetriebs auch schon die nächste Hilfslieferung: „Wir suchen noch Futterspender. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir vor Weihnachten den Transport durchführen können.“

810 Kilometer weiter nördlich sind übrigens Norman Mittwochs Pläne noch nicht so konkret: „Keine Ahnung, ob ich das Projekt bei meinem Arbeitspensum bis Heiligabend schaffe, aber ich möchte unbedingt wieder helfen“, betont der Maler, während er den PC um 21 Uhr endlich ausschaltet, „das ist doch Ehrensache!“

Und wo helfen Sie?

Überall in Deutschland engagieren sich Handwerker. Zeigen Sie uns Ihr Projekt und werden Sie Teil eines Atlas des sozialen Handwerks. Die vier vorgestellten Handwerker sind nur ein winziger Teil aller Engagierten der Branche. Noch mehr Beispiele finden Sioe auf unser ständig wachsenden Deutschlandkarte unter handwerk-magazin.de/soziales

Ob als praktische Helfer, Ehrenamtliche oder Sachspender: In ganz Deutschland helfen Handwerksbetriebe – und das mit ihren Ressourcen, ohne gleich Geld zu spenden. Betreiben auch Sie ein solches Projekt oder kennen Sie einen Betrieb, der sich sozial engagiert? Dann sagen Sie es uns! Ziel ist, einen digitalen Atlas des sozialen Handwerks zu schaffen und somit die vielen unbekannten Helfer auf einer Deutschlandkarte sichtbar zu machen. Schreiben Sie uns einfach Name und Adresse des Betriebs sowie eine kurze Beschreibung des Projekts per Mail an ramon.kadel@handwerk-magazin.de .