Schattenwirtschaft: Innung erkämpft fairen Wettbewerb

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Schwarzarbeit und Zollrecht

Die Schwarzarbeit steigt in diesem Jahr auf 339 Mil­liarden Euro. Für die staatlichen Aufsichtsbehörden ist das ein Armutszeugnis. Abhilfe können nur lokale Bündnisse schaffen.

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    Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls ist mit der Bekämpfung der Schattenwirtschaft vielfach überfordert.
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    „Wir mahnen Betriebe konsequent ab, die Malerarbeiten illegal ausführen.“ Felix Diemerling, ­Geschäftsführer der ­Maler- und Lackiererinnung Rhein-Main.
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Die Deutschen gelten in Rumänien als überaus korrekte Geschäftspartner – noch zumindest. Denn was sechs Rumänen im vergangenen Sommer auf einer Großbaustelle in Frankfurt am Main erlebten, passt so gar nicht in das Klischee. Über Monate blieb ihnen der Bauunternehmer den Lohn schuldig. In ihrer Verzweiflung darüber, ihre Familien in Rumänien nicht mehr ernähren zu können, traten sie schließlich in den Hungerstreik, um so auf ihre Situation aufmerksam zu machen.

Das Geschäftsgebaren hat System: Ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind häufiger Ziel sittenwidriger Beschäftigung, heißt es in einer Erklärung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Sie würden dabei im Unklaren über ihre Rechte und Pflichten oder im Glauben gelassen, abhängig beschäftigt zu sein.

Regionale Branchenbündnisse

Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung und Scheinselbständigkeit verhindern fairen Wettbewerb. Derartige Wettbewerbsverzerrungen gefährden Betriebe und führen zu Lohn- und Sozialdumping bei den Arbeitnehmern. Auch der Staat gehört zu den Verlierern, weil Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Milliardenhöhe entzogen werden. In einer Reihe von Handwerksbranchen sind deshalb Bündnisse gegen Schwarzarbeit gegründet worden. ZDH und DGB werben bei ihren Mitgliedern dafür, dass sich im Sinne einer noch besseren Zusammenarbeit der Sozialpartner untereinander und mit den Behörden solche Bündnisse in weiteren Branchen und Regionen ausbilden. „Wir werden uns zudem dafür einsetzen, dass sich die einzelnen Branchenbündnisstrukturen besser untereinander vernetzen und damit einen noch effektiveren Beitrag zur Bekämpfung von Schwarzarbeit leisten können“, betonen ZDH und DGB.

Zoll zündet nicht

Dass Schwarzarbeit auf regionaler Ebene am effektivsten bekämpft werden kann, beweist die Maler- und Lackiererinnung Rhein-Main. Deren Geschäftsführer Felix Diemerling hat festgestellt, dass die eigentlich für die Schwarzarbeitsbekämpfung zuständige Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls im Frankfurter Raum heillos überfordert ist, weil schlicht die personellen Kapazitäten fehlen. Gleiches gilt für die Ordnungsämter. „Letztere wissen oft gar nicht, dass sie zuständig sind“, kritisiert Diemerling. Er schätzt, dass bei öffentlichen Auftragsvergaben und in den Firmenpools großer Auftraggeber rund 20 Prozent der Betriebe nicht in der Handwerksrolle eingetragen sind.

Wer aber gewerblich Malerarbeiten ausführt, ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein, macht sich des unlauteren Wettbewerbs schuldig. „Wir mahnen deshalb monatlich rund zehn Betriebe ab. Verweigern die Unternehmen die fällige Unterlassungserklärung, künftig keine unerlaubten Handwerksleistungen mehr zu erbringen, verklagen wir sie über von uns ausgewählte Anwaltskanzleien vor Gericht“, erklärt Felix Diemerling.

Außerdem haben er und seine Mitarbeiter in der Region alle Wohnungsbaugesellschaften angeschrieben, um sie dafür zu sensibilisieren, bei der Vergabe von Aufträgen nur solche Malerbetriebe zu berücksichtigen, die in der Handwerksrolle eingetragen sind. Auftraggebern, die Firmen unter Verstoß gegen die Handwerksordnung anheuern, droht ein Ordnungsgeld.

„Wenn alle Gewerke konsequent handeln würden, gäbe es wesentlich weniger Schwarzarbeit“, ist Diemerling überzeugt. Seine Innung hat in den letzten drei Jahren 200 Betriebe abgemahnt. Hochgerechnet auf das gesamte Handwerk im Bundesgebiet kämen so einige 10 000 Betriebe zusammen.

Gewerberegister vernetzen

Auch die neue Gewerbeanzeigeverordnung ist ein wichtiger Schritt, der Schwarzarbeit das Wasser abzugraben. Danach sind die Gewerbeämter verpflichtet, verdächtige Gewerbeanmeldungen an die FKS zu melden.

Anhaltspunkte für Schwarzarbeit bei der Gewerbeanmeldung liegen etwa vor, wenn der Anzeigende eine Hoteladresse oder Gemeinschaftsunterkunft angibt, dunter derselben Anschrift gleich mehrere Gewerbe von unterschiedlichen Personen angemeldet werden, der Anzeigende weder postalisch noch telefonisch erreicht werden kann oder das Gewerbe schon nach kurzer Zeit wieder abgemeldet wird.

Felix Diemerling geht das allerdings noch nicht weit genug: „Die einzelnen Gewerberegister müssten elektronisch miteinander verbunden werden, damit etwa ein in Offenbach ausgesprochenes Gewerbeverbot auch von den Frankfurter Behörden wahrgenommen wird.“

Die Zeit drängt. Zwar liegt Deutschland im internationalen Vergleich beim Thema Schattenwirtschaft auf einem mittleren Platz (siehe Kasten links). Die Schwarzarbeitsquote von 12,2 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt ist aber stark konjunkturabhängig.