Pflegeversicherung: Die Pflegelücke schließen

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Das neue Reformpaket bringt Verbesserungen in der gesetzlichen Pflegekasse. Es bleibt aber beim Basisschutz, der nicht alle Kosten deckt. Eine Pflegetagegeldpolice kann die Lücke jetzt schließen.

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    Die Reform der gesetzlichen Pflegeversicherung ist 2017 vorerst abgeschlossen.
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    Die Betreuung Pflegebedürftiger kostet 41,96 Milliarden Euro im Jahr.
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    „Im Schnitt zahlt die gesetzliche Pflege höchstens die Hälfte der anfallenden Kosten.“ Daniela Hubloher, ­Patientenberaterin bei der Verbraucherschutzzentrale Hessen.

Die zweistufige Pflegereform der Großen Koalition gewinnt weiter an Kontur. Die erste Stufe läutete die Regierung mit dem Pflegestärkungsgesetz im Januar 2015 ein. Im kommenden Jahr kommt dann das „Zweite Pflegestärkungsgesetz“ – mit neuen Pflegegraden statt Pflegestufen sowie einer weiteren Beitragsanhebung für die Versicherten. Wirksam wird das zweite Gesetz allerdings erst 2017.

Auch wenn das Reformpaket unterm Strich Verbesserungen für die rund 2,6 Millionen Pflegebedürftigen und ihre Familien hierzulande bringt – die Kostenübernahme durch die gesetzliche Pflegeversicherung ist und bleibt begrenzt. „Gleich, ob zu Hause oder im Heim gepflegt wird – das Geld von der Pflegekasse deckt immer nur einen Teil der anfallenden Kosten. Im Schnitt ist das höchstens die Hälfte der professionellen Pflege“, sagt Patientenberaterin Daniela Hubloher von der Verbraucherzentrale Hessen. Für den Rest muss jeder erst einmal selbst sorgen oder gegebenenfalls auch nahe Angehörige, bevor dann die Sozialhilfe greift.

Mit privaten Pflegetagegeldversicherungen sollten Handwerker daher vorbauen. Gute Verträge schließen die finanzielle Lücke im Pflegefall, die derzeit je nach Pflegestufe 540 Euro und mehr als 2000 Euro im Monat ausmachen kann. Das geht aus Untersuchungen der Stiftung Warentest hervor. „Wenn bei uns in der Beratung danach gefragt wird, ist ein großer Teil der Interessenten schon zu alt für eine private Absicherung“, stellt Hubloher fest. „Mit 60 Jahren sind Tarife mit guten Konditionen zu teuer oder nicht mehr zu bekommen.“

Leistungsversprechen genau prüfen

Wer sich für den Ernstfall absichern will, sollte die Pflegezusatzpolice zwischen 30 und 55 Jahren abschließen und auf gute Leistungen achten, rät Hubloher. Manche Versicherer kürzen die Tagegelder, wenn Angehörige pflegen oder der Pflegebedürftige aus dem Heim für einige Zeit zur Behandlung ins Krankenhaus muss. Bei anderen muss die Pflegebedürftigkeit immer wieder neu nachgewiesen werden. Und wieder andere zahlen nicht rückwirkend. „Verträge mit solchen kundenunfreundlichen Klauseln sollte man besser meiden“, sagt Versicherungsmakler Bert Heidekamp aus Berlin, Experte für Vorsorgeprodukte.

Für einen 45-Jährigen beziehungsweise eine 45-Jährige kostet ein monatliches Pflegegeld von 1500 Euro bei guten Vertragskonditionen zwischen 37 und 115 Euro, errechnete die Verbraucherzentrale Hessen. „Die meisten Angebote liegen in der Preiskategorie zwischen 40 und 50 Euro“, so Hubloher. Wer in jungen Jahren einsteigt, sollte einschätzen können, ob er die Summen für die Vorsorge auf Dauer aufbringen kann. Denn die Beiträge steigen mit den Jahren, gibt Verbraucherschützerin Hubloher zu bedenken. Bei einigen Vertragsangeboten zahlt man den Beitrag sogar dann weiter, wenn man pflegebedürftig ist. Das ist aber ein K.o.-Kriterium bei der Policenauswahl.

Die meisten Policen folgen bei der Einstufung in die jeweilige Pflegestufe der gesetzlichen Pflegeversicherung. Das heißt, sie garantieren vertraglich, immer dann zu zahlen, wenn die gesetzliche Pflege auch leistet. Deswegen sollte man auf die Vertragsbedingung achten, um im Pflegefall eine doppelte ärztliche Begutachtung zu vermeiden, erklärt Hubloher.

Über 300 Pflegegeldtarife gibt es derzeit am Markt. Neben den klassischen Pflegestufen I bis III sichern inzwischen viele, aber nicht alle, auch die Pflegestufe 0 ab, die immer häufiger diagnostiziert wird. Damit zahlt die Versicherung bereits bei Demenz. Es empfiehlt sich, für alle Pflegestufen ein Tagegeld abzuschließen. Mindestens so viel, wie die gesetzliche Pflegekasse zahlt. „Eher sogar noch etwas mehr – sonst ist der private Vertrag nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Hubloher.

Nachversicherungsgarantie nutzen

Wer aus finanziellen Gründen nicht alle Pflegestufen versichern will, kann sich bei einigen Gesellschaften stufenweise versichern. Insbesondere für Jüngere um die 30 Jahre könne eine solche Nachversicherungsgarantie wichtig sein, so Heidekamp. Denn in Stufe I und II gibt es bekanntlich die meisten Pflegebedürftigen. Auch die Verweildauer ist dort länger als in der höchsten Stufe III.

Jeder hat eine andere Versorgungslücke. Die Verträge sollten deshalb flexibel sein und zum Beispiel auch eine spätere Aufstockung beim Tagegeld ohne Gesundheitsprüfung ermöglichen. Darauf weist Pflegeexpertin Ursula Eder vom Münchener Verein hin.

Außerdem ist zu bedenken: Was ist eine Pflegeabsicherung von zum Beispiel 1800 Euro in 20 Jahren noch wert? Welches Pflegeheim hat heute noch die Kosten wie vor zehn Jahren? Deshalb sollte auf alle Fälle ein Inflationsschutz – die sogenannte Beitrags- und Leistungsdynamik – mit dabei sein. Allerdings steigt damit auch der Versicherungsbeitrag.

Verträge werden angepasst

Einen qualitativ guten Pflegeplatz in sehr kurzer Zeit zu organisieren wird immer wichtiger. Hier bieten einige Gesellschaften zum Beispiel eine 24-Stunden-Pflegeplatzgarantie an. Insbesondere für Alleinstehende könnte das eine wichtige Option sein, so Makler Heidekamp. Eine andere Assistance-Leistung ist die Hilfe für pflegende Angehörige.

Ab 2017 sind die heute noch gültigen Pflegestufen Geschichte. Bei der Umwandlung in Pflegegrade soll nach dem Willen des Gesetzgebers niemand schlechter gestellt sein. Eine Umstellungsgarantie haben mittlerweile auch einige Versicherer ins Kleingedruckte ihrer Pflegeversicherungsverträge geschrieben. „Gegebenenfalls ist das eine zusätzliche Sicherheit“, meint Heidekamp. Doch dürfte nach seinem Dafürhalten eine Umstellung der Versicherungsverträge ohnehin von Gesetzes wegen zwingend erforderlich sein.

Pflegestärkungsgesetz: Was 2017 Neues bringt

Ab 1. Januar tritt das Zweite Pflegestärkungs­gesetz in Kraft. Was sich in den nächsten Jahren ändert und was Sie dazu wissen sollten.

Neue Pflegestufen. Mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz kommt ab 2017 ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff. Aus den drei Pflegestufen werden dann fünf Pflegegrade. Und es wird ein neues Begutachtungsverfahren geben. Die bisherige Unterscheidung zwischen Pflegebedürftigen mit körperlichen Einschränkungen und Demenzkranken wird wegfallen.

Finanzierung. Der Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung wurde 2015 um 0,3 Prozentpunkte auf 2,35 Prozent erhöht (2,6 Prozent für Kinderlose). Der Beitrag soll 2017 nochmals um 0,2 Prozentpunkte auf dann 2,55 Prozent steigen (2,8 Prozent für Kinderlose).

Kosten. Das Gesundheitsministerium geht für 2017 bei der Pflege im Heim im Schnitt von einem pflegebedingten Eigenanteil von etwa 580 Euro monatlich aus. Hinzu kommen Kosten für Verpflegung, Unterkunft und Investitionen. Auch diese können von Heim zu Heim variieren.