Politiker und gleichzeitig Friseur: Gericht billigt Boykottaufruf

An einem liberalen Wirtschaftsstandort wie Deutschland ist ein Boykottaufruf gegen einen einzelnen Handwerker eigentlich undenkbar. Das Oberlandesgericht in Dresden bricht das Tabu.

Politiker - auch wenn sie im "echten" Leben Handwerksunternehmer sind - müssen im Wahlkampf auch mit unangenehmen Tweets und Posts über sich leben. - © © pathdoc - Fotolia.com

Stein des Anstoßes war ein Streit zwischen zwei Politikern im sächsischen Landtagswahlkampf. Ein Politiker der AfD hatte versucht, einem Kollegen von den GRÜNEN per einstweiliger Verfügung verbieten zu lassen, seine Kunden zum Boykott gegen ihn aufzuhetzen.

Das Mitglied der GRÜNEN hatte während des Landtagswahlkampfs über seinen privaten Twitteraccount folgende Mitteilung veröffentlicht: „Ab sofort empfehle ich, nicht mehr zum Friseur … in #... zu gehen. Inhaber ist ein #AFDler. Man weiß nie, wo die Schere ansetzt.“

Politiker müssen mehr einstecken

Während das Landgericht Leipzig den GRÜNEN-Politiker zur Unterlassung der Äußerung verurteilt hatte, hoben die Dresdner Richter diese Entscheidung wieder auf (Az.: 4 U 1676/14). Nach ihrer Ansicht begründet die Empfehlung, die Dienstleistung des AfD-Politikers nicht mehr in Anspruch zu nehmen, keinen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Die Äußerung, der Kläger sei Mitglied der AfD, sei eine wahre Tatsachenbehauptung, deren Verbreitung nicht untersagt werden könne. Und der Satz: „Man weiß nie, wo die Schere ansetzt.“ stelle keinen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers dar, sondern eine sarkastische und in zulässiger Form zugespitzte Äußerung im Wahlkampf.