Humankapital Fachkräfte motivieren und halten

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Fachkräftemangel

Qualifizierte Fachkräfte sind in jedem Betrieb das wichtigste Kapital. Um gute Mitarbeiter zu motivieren und im Betrieb zu halten, müssen Sie jedoch mehr bieten als eine gute Bezahlung.

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    © Antonio Bello
    Die Okel-Familie: Prokuristin Claudia Okel (li.) bietet ihrem Team flexible Arbeitsplätze.
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    © Chart: handwerk magazin
    Jeder dritte Betrieb im Handwerk hat bereits Mitarbeiter durch ­Abwerbung verloren.
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    © Zettner
    „Chefs im Handwerk können mit Nähe und Teamgeist bei Bewerbern punkten.“ Werner Zettner, Berater und Personal­experte für Handwerker.

Für individuelle Lösungen im Innenausbau ist die Okel GmbH im hessischen Diemelstadt bei Kunden bekannt. Dieselbe Flexibilität macht den Betrieb auch für Fachkräfte interessant: Wer bei Okel arbeitet, kann Beruf und Familie ideal miteinander vereinbaren. „Die Mitarbeiter sind unser Kapital“, sagt Prokuristin Claudia Okel.

Mit attraktiven Arbeitsbedingungen will der Betrieb sie gewinnen und halten. Kernstück der Strategie sind flexible Arbeitszeiten, die auf Zeitkonten verwaltet werden. Eine Mitarbeiterin, die Großmutter ist, kann so nachmittags nach ihrer Enkelin schauen, während die Tochter arbeitet. Junge Väter müssen keine Frühschicht übernehmen, bleiben dafür aber abends länger. Monteuren wird eine Viertagewoche mit Überstundenausgleich angeboten.

Flexible Lösungen gefragt

„Die Flexibilität nimmt den Druck und erleichtert den Spagat zwischen Beruf und Privatem“, sagt Claudia Okel. „Die Mitarbeiter fühlen sich gut aufgehoben.“ Das Engagement hat sich herumgesprochen. „Potenzielle Bewerber nehmen uns stärker wahr“, sagt Okel. „Es rufen immer wieder Leute an, die gerne für unser Unternehmen arbeiten möchten.“

Mehr Wertschätzung für das Team

Mit attraktiven Arbeitsplätzen, die eine auch für die Mitarbeiter im Handwerk wichtige Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen, hat Okel eine der wichtigsten Maßnahmen  gegen den Fachkräftemangel erfolgreich umgesetzt. Knapp ein Drittel der Handwerksbetriebe konnte jedoch bereits 2011 nicht alle freien Stellen besetzen, in diesem Jahr hat sich der Trend nach Aussagen von Branchenexperten noch verschärft.

„Handwerksbetriebe haben eine Chance, wenn sie den Menschen in den Mittelpunkt rücken“, sagt Experte Werner Zettner. Dazu gehören ein gutes Betriebsklima sowie ein regelmäßiger Dialog zwischen Chef und Mitarbeitern genauso wie ein transparentes Prämiensystem: „Das Gefühl, direkt zum Erfolg beizutragen, ist für viele Beschäftigte der große Vorteil des Handwerks gegenüber der Industrie“, weiß der Berater.

Ein Pluspunkt, den viele Firmenchefs anscheinend durch ihr Verhalten im Umgang mit dem Team oft ins Gegenteil verkehren.  So klagen laut Umfrage des Hamburger Fürstenberg Instituts (siehe Chart Seite 38) immerhin 36 Prozent der Mitarbeiter im Handwerk über fehlende Anerkennung, ein knappes Drittel bemängelt jeweils die schlechte Führung und den fehlenden Spielraum für die Umsetzung eigener Ideen.

Im Ausland nach Verstärkung suchen

Doch auch bei gutem Betriebsklima und flexiblen Arbeitsbedingungen ist die Konkurrenz vielerorts so groß, dass Unternehmer wie Uwe Holzvoigt, Inhaber der Schäch Haustechnik GmbH im bayerischen Wolnzach, zu bislang im Handwerk eher ungewöhnlichen Strate­gien greifen. „Die benachbarte Automobilindustrie zieht wie ein Staubsauger Fachkräfte an“, erklärt der Chef von 100 Mitarbeitern. „Wir würden gerne wachsen, finden aber in der Region niemanden“, sagt der 45-Jährige. „Das führt so weit, dass wir manche Aufträge nicht mehr annehmen können.“

Die immer größer werdende Lücke schließt der Betrieb jetzt mit Fachkräften aus Spanien. In Kooperation mit einer deutschen Anwältin in Barcelona und der spanischen Wirtschaftsförderung hat Holzvoigt seit 2012 zwei spanische Fachkräfte für das eigene Unternehmen und etliche weitere für andere Firmen angeworben.

Sprachkurs und Pate für die Spanier

„Vor dem Start gibt es einen vierwöchigen Sprachkurs und im Betrieb werden am Anfang Mitarbeiter als Paten zur Seite gestellt“, sagt Holzvoigt. Dadurch halte sich der „Betreuungsaufwand“ – vor dem sich viele scheuen – in Grenzen. „Natürlich hapert es anfangs mit der Sprache“, sagt der 46-Jährige. „Doch das ist schnell ausgeglichen, denn die Motivation und fachliche Qualifikation sind top.“

Wie hart der Kampf um Fachkräfte mittlerweile ist, zeigt das Beispiel von Hansel Bau im hessischen Schotten. Geschäftsführerin Cornelia Phi­lipp hat – wie bereits ein Drittel ihrer Kollegen (siehe Chart Seite 37) – einen ihrer sieben langjährigen Mitarbeiter durch Abwerbung verloren. „Dem Maurer wurde ein Angebot für eine Stelle als Baumaschinenführer gemacht“, sagt Philipp. „Ausschlaggebend war für ihn die Aussicht, weniger körperlich zu arbeiten.“

In einem langen Gespräch hat die Unternehmerin versucht, den Mitarbeiter zu halten. „Finanziell wäre ich in einem gewissen Umfang gesprächsbereit gewesen“, betont Philipp. „Aber die komplette Befreiung von körperlicher Arbeit war nicht möglich, dafür ist die Firma zu klein.“ Dass sich Gegenangebote nicht um jeden Preis lohnen, bestätigt Kathrin Peters, Re­cruiting-Expertin beim Personaldienstleister Robert Half.

„Kurzfristig können sie sinnvoll sein, wenn sich das fachliche Know-how nicht ersetzen lässt“, weiß Peters. „Langfristig muss man oft die Unternehmenskultur ändern, auch um zu verhindern, dass weitere Beschäftigte gehen.“ Bei Hansel Bau waren derart weitrei­chende Veränderungen nicht nötig, im Gegenteil:  „Das ­Beispiel des Kollegen hat das restliche Team eher erschreckt“, sagt Chefin Philipp, „denn die neue Stelle unterscheidet sich vom Versprochenen doch erheblich.“