Neukundengewinnung Facebook für Unternehmer

Mit Facebook & Co. können Handwerker im Internet neue Kunden gewinnen – wenn sie etwas über ihr Angebot zu erzählen haben. Persönlichkeit und Originalität sind dabei wichtiger als Perfektion.

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    © Bert Bostelmann
    Zur Bestatterin ­Angela Stegerwald aus Würzburg finden Kunden immer häu­figer über Facebook.
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    © Chart: handwerk magazin
    Mehr als 80 Prozent der Betriebe wollen durch ihr Engagement in sozialen Netzwerken neue Kunden gewinnen.
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    © Belz
    „Nicht jeder Betrieb muss zwingend alle neuen Trends bedienen.“ Christian Belz, Autor des Rat­gebers „Marketing gegen den Strom“.
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    Bauunternehmer Jens Heim erzählt in sozialen Netzwerken über spannende Aufträge oder ­engagierte Mitarbeiter.

Neue Aufträge dank Facebook & Co.

Die letzte Ruhestätte in einem Schweizer Gletscher, einem reißenden Gebirgsbach oder einem Vulkankrater auf Hawaii: Das sind nur einige der letzten Wünsche, die Angela Stegerwald Verstorbenen schon erfüllt hat. Doch von den meisten hätte die Bestatterin wohl nie erfahren, wäre sie einfach nur in der Würzburger Fußgängerzone präsent, wo sie 2010 ihr Ins­titut „Welt-Bestattung“ eröffnete. „Unsere Kunden kommen aus Deutschland und darüber hinaus, die meisten finden uns über Facebook“, verrät die 37-jährige Chefin von sieben Mitarbeitern. Das Serviceangebot reicht vom virtuellen Kondolenzbuch über einen Youtube-Kanal bis hin zu einem durchaus ungewöhnlichen Online-Shop, in dem Fußballfans sogar Urnen in den Farben ihres Lieblingsvereins finden.

Weblog für Hinterbliebene

In einem Weblog und per Twitter gibt Stegerwald zudem Tipps für Hinterbliebene und Menschen, die sich mit ihrem eigenen Tod auseinandersetzen. So informiert sie über Trends bei Bestattungen und bietet gemeinsam mit einem Anwalt Ratschläge zum Erbrecht, zur Sozialhilfe oder zu Rentenanträgen für Hinterbliebene.

Auf der firmeneigenen Facebook-Seite werden die wichtigsten Informationen aus allen Kanälen zusammengefasst. Hier diskutiert Stegerwald, die übrigens auch ganz „normale“ Bestattungen durchführt, mit der Netzgemeinde auch ungeschminkt Nachrichten über schwarze Schafe ihrer Branche, stellt Dienstleistungen innovativer Kollegen vor und berichtet über ihre eigene Arbeit. Beliebt ist die Seite laut Stegerwald vor allem bei den 18- bis 34-Jährigen, die dankbar sind für den offenen Umgang mit einem gesellschaftlichen Tabu. So stieg die Zahl der „Gefällt mir“-Bekundungen rapide.

„Die sozialen Netzwerke bieten Unternehmen gute Chancen, neue Zielgruppen anzusprechen“, bescheinigt Matthias Bastian vom Kompetenzzentrum „eBusiness-Lotse“ Darmstadt-Dieburg. Während das Einrichten einer Präsenz dank selbsterklärender Anleitungen schnell erledigt ist, liegen in der Aufbereitung von Inhalten und dem Datenschutz nach Experteneinschätzung weitaus größere Hürden.

„Für beides braucht es eine Strategie“, bestätigt Christian Belz von der Uni St. Gallen, „Interna, die man nicht an jedem Restauranttisch bedenkenlos erzählen würde, gehören auch nicht in ein soziales Netzwerk.“ Ebenso wenig sollte ein Unternehmen ausschließlich auf Facebook und Co. bauen, da über jeden Kanal nur ein sehr begrenzter Teil der Zielgruppe erreicht werden könne. „Auf eine klassische Homepage sollte kein Unternehmen verzichten“, pflichtet Matthias Bastian bei. Wenn diese Basis steht, können laut Bastian „ringsherum Aktivitäten in den sozialen Netzwerken gestartet werden“.

Twitter als Startexperiment

Ein Prinzip, mit dem auch Jens A. Heim gute Erfahrungen gemacht hat. Der Mitinhaber des Bauunternehmens Heim in Tuttlingen begann vor rund zwei Jahren, Meldungen über Aktivitäten des Unternehmens durch den Kurznachrichtendienst Twitter zu versenden. „Es war ein Experiment. Ich wollte wissen, wer das liest“, gibt der studierte Betriebswirt zu: Erste Follower (Leser) waren neugierige Branchenfremde, „die überrascht waren, dass ein Straßen- und Tiefbauunternehmen so etwas macht“.

Auch wenn Umsätze daraus kaum zu erwarten waren: Dem 38-Jährigen und seinen beiden Brüdern, die den Familienbetrieb in dritter Generation führen, war das Ermutigung genug, sich auch in anderen sozialen Netzwerken auszuprobieren. „Im Juni 2011 starteten wir auf Facebook und ein Vierteljahr später auch mit unserem Weblog ,Teeren und Federn‘, schließlich auch bei dem damals neuen Netzwerk Google+“, berichtet Jens Heim.

Mut zum Ausprobieren

„Niemand erwartet in sozialen Netzwerken journalistische Professionalität oder gar Perfektion“, ermuntert eBusiness-Lotse Matthias Bastian Unternehmer, sich auszuprobieren: Gefragt seien vielmehr Originalität und Authentizität. „Lassen Sie die Nutzer hinter Ihre Kulissen schauen.“ Da längere Ruhephasen die Interaktion rasch einschlafen lassen, bloggt und postet Bauunternehmer Heim heute überwiegend spontan: über spannende Aufträge, die Arbeit auf den Baustellen oder engagierte Mitarbeiter. Und er nutzt die Kreativität der Netzgemeinde, zum Beispiel, um eine interessante Beschriftung für eines der Baufahrzeuge zu finden.

„Ich investiere fast täglich rund 20 bis 60 Minuten“, schätzt er. Ein Aufwand, der sich durchaus rechnet. „Es gibt kaum eine Begegnung, in der nicht eines unserer Postings zur Sprache kommt“, freut sich Heim. Neue Mitarbeiter finde der Betrieb heute ausschließlich über die sozialen Medien. „Sogar bei einer Bauleiterstelle, die wir zunächst mithilfe eines Headhunters besetzen wollten, konnten wir uns am Ende die Bewerber aussuchen. Sie fanden uns sympathisch.“