Berufskleidung Funktionskleidung: Diese Stationen muss sie aushalten

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Moderne Funktionskleidung leitet den Schweiß vom Körper weg, sodass der Träger nicht auskühlt. Damit das im Alltag perfekt klappt, hat Marktführer Gore einzigartige Testlabors installiert.

Die Klimakammer kann zwischen 85 und 95 Prozent aller Witterungsbedingungen auf der Erdoberfläche nachbilden, sodass die Gore Experten (nahezu) jeden Einsatzzweck nachahmen können. - © Gore

Vor 40 Jahren war es die Sensation auf dem Bekleidungsmarkt: der amerikanische Chemiker Bob Gore entdeckte ein Material, das zugleich wasserdicht und atmungsaktiv war. Eigentlich hatte der heutige Chef von W.L. Gore & Associates, der das von den Eltern gegründete Unternehmen 1969 übernommen hatte, an einer Innovation im Elektronikbereich gearbeitet. Doch dann entdeckte er, dass die isolierenden und thermostabilen Eigenschaften von expandiertem Polytetrafluorethylen sich auch hervorragend zur Herstellung von wind- und wasserdichten sowie atmungsaktiven Funktionstextilien verwenden lassen – die weltweit als Patent geschützte Gore Tex Membrane war geboren.

Die zunächst vor allem für Sportler und Outdoor-Fans entwickelte innovative Textilie revolutionierte in den 1970er- Jahren die Branche: endlich Schluss mit den schwerfälligen Plastikklamotten, unter denen die Träger bei Aktivitäten in Regen und Schnee von innen aufgrund der hohen Schweißentwicklung fast genauso nass wurden wie von außen.
Während Bob Gore sein Unternehmen mit weiteren Innovationen und Technologien wie Windstopper, Active Pro oder Active Shell zum weltweiten Global Player mit heute 10.000 Mitarbeitern ausbaute, drangen die von den Sportlern längst akzeptierten Funktionsmaterialien in den Berufskleidungssektor vor.

Krankheitstage Reduzieren

In einem Feldtest mit Bauarbeitern konnten Gore und der Berufskleidungsanbieter Boco Mitte der 1990er-Jahre nachweisen, dass Funktionskleidung nicht nur Komfort und Leistungsfähigkeit des Trägers positiv beeinflusst, sondern auch zu einer Reduzierung der krankheitsbedingten Fehltage beiträgt.

Inzwischen gibt es am Markt zahlreiche Anbieter, die Berufskleidung mit Wetterschutzfunktion anbieten. Einige verarbeiten dabei die Pionier-Membran von Gore, manche Hersteller setzen auf den Konkurrenten Sympatex oder auf Eigenmarken wie Skytex oder Dryplex. Entscheidend für den Einsatz als Berufskleidung ist, dass die als „Persönliche Schutzausrüstung“ (PSA) nach dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz geltende Wetterschutzkleidung die Anforderungen der EN-Norm 343 erfüllt. Diese definiert, welche Mindestvoraussetzungen bei der Wasserdichtigkeit und Wasserdampfdurchlässigkeit erfüllt werden müssen. Kommen die Träger zudem mit Hitze und Flammen in Berührung, muss die PSA diese entsprechend den Normen EN ISO 11612 und 14116 abhalten.

Pünktlich zum 40. Geburtstag der Marke Gore Tex hat der Erfinder von Funktionstextilien im amerikanischen Bundesstaat Delaware den nächsten Meilenstein in der Entwicklung angekündigt: individuelle Funktionskleidung, die exakt auf die Bedürfnisse des Trägers und den jeweiligen Einsatzweck abgestimmt wird. Dazu wurde auf dem Firmengelände in Barksdale eine weltweit einzigartige Klimakammer installiert, in der 95 Prozent aller Witterungsbedingungen auf der Erde simuliert werden können. „Indem wir realistische Umgebungen im Labor nachbilden, können wir die Auswirkungen eines Produkts auf die menschliche Wahrnehmung und die Leistungsfähigkeit messen und diese Daten bei der Produktentwicklung anwenden“, erklärt Paul Canatalla, technischer Leiter in der Gore Fabrics Division.

Den Alltag perfekt simulieren

Während im Regenturm Niederschlagsraten von leichtem Niesel bis zum Wolkenbruch simuliert werden können, kann Gore im neuen Wärme- und Flammschutzlabor erstmals exakt Flammfestigkeit, Wärmeisolierung und Hitzebeständigkeit der Materialien und Laminate messen und so passgenau auf die Bedürfnisse des jeweiligen Einsatzzwecks abstimmen. Kip Sturgill, Technikchef für schützende Funktionstextilien, fasst die Zielsetzung für seinen Aufgabenbereich zusammen: „Wir wollen Technologien entwickeln, mit denen wir die Menschen besser schützen können, die uns beschützen und sich für uns einsetzen.“ Da die Experten wohl noch einige Zeit forschen müssen, um ihre Vision von der absolut individuellen Berufskleidung zu realisieren, zeigt die Spalte links aktuelle Funktionsmodelle, die die EN-Norm 343 erfüllen.

Wie Funktionskleidung funktioniert

Die Wetterschutzmembrane wird in der Regel zwischen dem Innenfutter und dem Obermaterial platziert .

Sie lassen Regen und Schnee einfach abperlen und leiten Feuchtigkeit nach außen ab – die aus Hightech-Materialien bestehenden Funktionstextilien sind den bei der handwerklichen Berufskleidung noch immer sehr beliebten Baumwollstoffen deutlich überlegen. Fängt der Körper bei der Arbeit an zu schwitzen, wird der Schweiß von der Kleidung aufgenommen. Mit zunehmender Belastungsdauer und Schweißmenge muss die Kleidung immer mehr Feuchtigkeit aufnehmen, was klassische Baumwolle schnell überfordert. Die unangenehme Folge für den Träger: Der Stoff wird nass, klebt auf der Haut und der Körper beginnt auszukühlen. Dieser Prozess beeinträchtigt nicht nur das Wohlbefinden und damit auch die Motivation des Trägers, sondern raubt dem Körper auch wertvolle Energie, die Leistungsfähigkeit geht – bei der Arbeit oder auch im Sport – zurück.

Im Gegensatz dazu nehmen Funktionstextilien den Schweiß gar nicht oder nur in geringen Mengen auf und transportieren die durch das Schwitzen entstehende Feuchtigkeit nach außen. Dort kann sie leichter verdampfen als auf der Kleidungsinnenseite, und die der Hautoberfläche zugewandte Seite bleibt trocken. Ermöglicht wird dieser Effekt durch eine spezielle Membran. Beim Weltmarktführer Gore (siehe Infochart oben), besteht diese aus einer Doppelschicht aus Polytetrafluorethylen und Polyurethan. Deren zahlreiche Poren sind nahezu 1000-Mal größer als ein Wasserdampfmolekül, sodass der Schweiß leicht nach außen diffundieren kann. Da die Poren gleichzeitig jedoch 20.000-Mal kleiner als ein Wassertropfen sind, kann keine Nässe eindringen – der Träger bleibt innen und außen trocken.

Wichtig: Damit der Schweiß optimal abgeleitet werden kann, kommt es gerade bei kalten Temperaturen auf den richtigen Bekleidungsmix an: Ideal sind ein eng anliegendes Funktionsunterhemd als Basisschicht, ein Funktions-Fleece als wärmende Zwischenschicht und eine Wetterschutzjacke als Außenschicht.