Ausbildungsvergütung: Nicht weniger als 20 Prozent unter Tarif

Zugehörige Themenseiten:
Arbeitsrecht und Ausbildung

Handwerksbetriebe, die Azubis mit einer Ausbildungsvergütung von weniger als 20 Prozent unter Tarif entlohnen, müssen mit einer saftigen Nachzahlung rechnen. Das geht aus einer neuen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hervor.

Wer seine Azubis mehr als 20 Prozent unter Tarif entlohnt, dem droht eine saftige Nachzahlung. - © © goodluz - Fotolia.com

Der Fall betraf einen Azubi, der einen Ausbildungsplatz zum Maschinen- und Anlageführer in Bayern erhalten hatte. Den Ausbildungsvertrag schloss der Azubi mit einem gemeinnützigen Verein, welcher unter anderem zum Zweck der Förderung der qualifizierten Berufsausbildung gegründet worden war.  Dort ist auch der Ausbildungsbetrieb des Azubis als Mitglied registriert.

Die Ausbildungsvergütung belief sich auf einen Betrag, der nur zirka 55 Prozent der Ausbildungsvergütung nach den Tarifverträgen für die Metall- und Elektroindustrie in Bayern beinhaltete. Nach dreieinhalbjähriger Ausbildung verlangte der Azubi auf der Grundlage der tariflichen Ausbildungsvergütung die Zahlung weiterer 21.678,02 Euro brutto.

Besondere Umstände können niedrigere Vergütung rechtfertigen

Die Klage hatte in allen drei Instanzen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht die Unangemessenheit der vom Verein gezahlten Ausbildungsvergütung festgestellt, befand das Bundesarbeitsgericht (Az.:  9 AZR 108/14). Ausbildende haben Auszubildenden gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbildungsgesetzes (BBiG) eine angemessene Vergütung zu gewähren. „Maßgeblich für die Angemessenheit ist die Verkehrsanschauung. Wichtigster Anhaltspunkt für diese sind die einschlägigen Tarifverträge. Eine Ausbildungsvergütung ist in der Regel nicht mehr angemessen, wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag geregelte um mehr als 20 Prozent unterschreitet“, betonen die Bundesarbeitsrichter.

Handelt es sich bei dem Ausbildenden um eine gemeinnützige juristische Person, rechtfertige allein der Status der Gemeinnützigkeit es nicht, bei der Prüfung der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung von einer Orientierung an den einschlägigen Tarifverträgen abzusehen. Eine durch Spenden Dritter finanzierte Ausbildungsvergütung, die mehr als 20 Prozent unter den tariflichen Sätzen liegt, ist allerdings nach dem Richterspruch noch nicht zwingend unangemessen. Vielmehr könne der Ausbildende die darauf gerichtete Vermutung widerlegen, indem er darlege, dass besondere Umstände die niedrigere Ausbildungsvergütung rechtfertigen, erklärten die Erfurter Richter.

Besondere Umstände, die geeignet sein könnten, trotz des Unterschreitens der tariflichen Ausbildungssätze um fast 50 Prozent die Vermutung der Unangemessenheit der vom beklagten Verein gezahlten Ausbildungsvergütung zu widerlegen, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt, weil der Beklagte dazu im Prozess nichts vorgetragen hatte.