Arbeitsstättenverordnung: Fluchttür im Bürogebäude muss immer nach außen aufschlagen

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Fluchttüren in Handwerksbetrieben müssen immer nach außen aufgehen. Grund dafür ist, dass ansonsten im Ernstfall Menschen nicht schnell genug ins Freie gelangen, weil sie aus Panik die Tür nicht aufbekommen oder sich eine Menschentraube bildet.

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Das hat das Verwaltungsgericht Münster entschieden und damit die Rechtmäßigkeit einer Ordnungsverfügung bestätigt, mit der die Bezirksregierung Münster einer Firma aufgegeben hatte, die Fluchtwegsituation in ihren Büroräumen in einen der Arbeitsstättenverordnung entsprechenden Zustand zu versetzen, wonach die Fluchttüren in Fluchtrichtung aufschlagen müssten. Außerdem hatte die Bezirksregierung der Firma mit sofortiger Wirkung untersagt, in den betreffenden Büroräumen ihre Arbeitnehmer zu beschäftigen.

Flucht wird extrem erschwert

Zur Begründung der Ordnungsverfügung hatte die Bezirksregierung Münster unter anderem angeführt: Nach dem Arbeitsschutzgesetz habe die Klägerin die Arbeit ihrer Beschäftigten so zu gestalten, dass Gefährdungen für Leben und Gesundheit möglichst vermieden würden. Dies beinhalte, dass bei einer eintretenden Gefahrensituation die Beschäftigten die Betriebsstätte sicher und ohne Hindernisse verlassen könnten.

Nach der Arbeitsstättenverordnung müssten sich Türen von Notausgängen nach außen öffnen lassen. Im Falle einer Gefahrensituation werde eine nach innen aufschlagende Fluchttür die Stresssituation der betroffenen Personen deutlich erhöhen und eine Flucht extrem erschweren. Im schlimmsten Fall werde es vor der Tür zu einer Menschenansammlung kommen, die aufgrund des irrationalen Fluchtverhaltens des Menschen es nicht ermögliche, die Tür nach innen zu öffnen.

Größe des Betriebes irrelevant

Demgegenüber hatte die Klägerin unter anderem geltend gemacht: Durch die nach innen öffnende Fluchttür werde die Sicherheit oder Gesundheit der Beschäftigten nicht gefährdet. Vielmehr handele es sich hier um einen Bürobetrieb in einem aufwändig modernisierten Gebäude, der keine besonderen Brandgefahren hervorrufe. Es sei zu berücksichtigen, dass lediglich fünf bis sieben Personen die Notausgangstür benutzten, so dass im Evakuierungsfall eine Stau- bzw. Traubenbildung vor der Tür nicht zu erwarten sei.

Dieser Argumentation folgte das Gericht jedoch nicht (Az.: 9 K 1985/15). Es wies die Klage ab.

Begründung: Die Klägerin erfülle eine sie als Arbeitgeberin treffende Pflicht nicht. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Arbeitsstättenverordnung müssten sich Türen von Notausgängen zwingend immer nach außen öffnen lassen. Dies gelte unabhängig davon, wie viele Personen sich regelmäßig unter gewöhnlichen Umständen in der Arbeitsstätte aufhielten.

Dementsprechend sei hier keine Abwägung im jeweiligen Einzelfall bzw. keine Feststellung einer konkreten Gefahr mehr erforderlich. Türen von Notausgängen, die sich nicht nach außen öffnen ließen, stellten nach der in der Arbeitsstättenverordnung getroffenen Wertung immer eine Gefahr dar. Dementsprechend sei auch das sofortige Verbot der Beschäftigung von Arbeitnehmern in den betreffenden Räumlichkeiten rechtmäßig.

Es habe keine Pflicht der Behörde bestanden, zur Ausführung der Ordnungsverfügung eine angemessene Frist zu setzen. Vielmehr habe hier Gefahr im Verzug vorgelegen. Die Gefahr, die durch die nach innen öffnende Notausgangstür in den Büroräumen der Klägerin für Leib und Leben der dort befindlichen Personen drohe, sei dadurch gekennzeichnet, dass sie jederzeit, sofern ein Unglücksfall eintrete, der die Flucht aus dem Gebäude erfordere, in eine unmittelbar drohende, konkrete Gefahr umschlagen könne, indem die nach innen öffnende Tür eine Flucht durch Bildung einer Menschentraube verhindern oder zumindest erheblich erschweren oder verlangsamen könne. In einem derartigen, jederzeit möglichen Unglücksfall käme ein Eingreifen der Behörde immer zu spät.