Alternativ finanzieren: Investoren zum Schwärmen bringen

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Crowdfunding

Viele Handwerksunternehmen wollen oder müssen sich unabhängig von ihrer Hausbank finanzieren und setzen auf private Investoren. Worauf es bei alternativen Finanzierungen ankommt.

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    Biobäckerin Christa Lutum wollte mehr Unabhängigkeit von der Bank und setzte auf Genussrechte.
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    © Chart: handwerk magazin
    Bei Kleinanlegern hat Crowdinvesting kein schlechtes Image – viele sehen sich über ihre Chancen und Risiken gut informiert.
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    © Haake
    „Wir bringen renditeorientierte Investoren mit kapitalsuchenden Unternehmern zusammen.“ Knut Haake, ­ Geschäftsführender ­Gesellschafter der ­Deutschen Mikroinvest in Pulheim bei Köln.

Christa Lutum und Antonius Beumer haben die Expansion der Biobäckerei beumer & lutum in Berlin-Kreuzberg mit der Unterstützung von privaten Investoren gestemmt. Vor rund vier Jahren sammelten sie einen fast sechsstelligen Betrag per Genussrechten ein, um weiter wachsen zu können. „Wir wollten mehr Unabhängigkeit von den Banken und hatten aufgrund unserer starken Expansion in den Vorjahren eine vergleichsweise niedrige Eigenkapitalquote“, kommentiert Christa Lutum, Geschäftsführerin der Bäckerei mit 150 Mitarbeitern. Über einen Zeitraum von sieben Jahren blieben die Investoren dabei. In guten Jahren profitierten sie von Zinssätzen zwischen fünf und sechs Prozent. Die Geldgeber sind zum Teil Mitarbeiter, die ihr Erspartes bei ihrem Arbeitgeber anlegen wollten. „Wir konnten allerdings auch Freunde und Bekannte aus unserem privaten Umfeld für uns gewinnen“, sagt Lutum.

Unabhängig von der Bank

Unterm Strich zeigt sie sich mit dem Projekt sehr zufrieden: „Zwar müssen wir jedes Jahr Rückstellungen bilden, um zum Ende der Laufzeit das Kapital zurückzahlen zu können. Doch insgesamt war es für uns ein Vorteil, sich bankenunabhängig zu finanzieren“, so Lutum.

Die Finanzierung über Genussrechte an einen ausgewählten Kreis privater Investoren ist dazu nur eine gängige Möglichkeit für Handwerksbetriebe. Durch den Kauf von Genussscheinen erwirbt der Geldgeber, zum Beispiel Freunde und Bekannte, Rechte am Gewinn einer Gesellschaft. Die Höhe ist dabei frei vereinbar. Der Geldgeber hat aber im Unternehmen kein Stimmrecht.

Bessere Eigenkapitalquote

Finanzierungen via Genussrechte oder stille Beteiligungen haben den Vorteil, dass die Firmenchefs ihre Eigenkapitalquote schnell erhöhen können. Damit verbessern sie nicht nur ihre Liquiditätssituation, sondern profitieren bei späteren Fremdfinanzierungen über eine Bank von günstigeren Konditionen.

Allerdings wollen auch die Investoren am Erfolg teilhaben. Deshalb gelten diese Lösungen als relativ teuer. Sie können sich am Ende auf Höhe einer Kontokorrentfinanzierung bewegen. Die Geldgeber erwarten aber keine Sicherheiten. Wichtig ist, dass rechtliche Vorgaben eingehalten werden. „Bei einem Finanzierungsvolumen von bis zu 100 000 Euro im Jahr entfällt ausnahmsweise die Prospektpflicht. Bei kleineren Volumina genügt es schon, die Anleger etwa via Flyer zu informieren“, erklärt Unternehmensberater Gernot Meyer in Penzberg, Spezialist für Genussrechte, auch im Handwerk. Betriebe sind sonst verpflichtet, in einem Emissionsprospekt zu veröffentlichen. Das wird teuer.

Professionell präsentieren

Information und eine professionelle Präsentation sind generell wichtig für den Erfolg alternativer Finanzierungen. Eine noch relativ neue Chance bieten die sogenannte Schwarm- oder Crowdfinanzierungen. Dabei gewinnen Firmenchefs Geldgeber über Plattformen im Internet. In den vergangenen Monaten sind neue Anbieter in den Markt eingestiegen. Das erföffnet neue Chancen, aber auch Risiken.

Die Crowd steht im Englischen für Menge. Sie zielt darauf ab, viele Kleinanleger über das Netz für ein spezielles Projekt zu gewinnen. Die Mitglieder der jeweiligen Community müssen überzeugt werden, ihr Geld anzulegen.

Zu unterscheiden sind wesentlich zwei Konzepte. Beim Crowdinvesting stärkt das Geld der Investoren oft die Eigenkapitalposition des Unternehmens. Es handelt sich zum Beispiel um Genussrechte oder stille Beteiligungen. Beim Crowdlending werden klassische Kredite vergeben. Die Investoren erhalten während der festgelegten Laufzeit jeden Monat Zins und Tilgung in Form einer Annuität zurück.

Plattformen wie die Deutsche Mikroinvest (DMI), Companisto oder Bankless 24 gehören zur ersten Kategorie. „Wir bringen renditeorientierte Investoren mit kapitalsuchenden Unternehmern zusammen und helfen bei der Finanzierung“, kommentiert Knut Haake von der DMI das Konzept. Die Kapitalgeber haben oft Ertragserwartungen von vier bis elf Prozent im Jahr bei einer Laufzeit von bis zu sieben Jahren.

Für Unternehmer Reiner Schumacher in Hannover klingt das überzeugend. In diesen Wochen will er über die Community 150 000 Euro für seinen Firmenstart einsammeln. Seine Firma Cansec ist auf die spezielle Trockenlegung von Gebäuden spezialisiert.

„Das Kapital benötigen wir zur Vorfinanzierung von Betriebsmitteln“, so Schumacher. Er bietet Anlegern Ertragschancen von rund sieben Prozent über eine Laufzeit von fünf Jahren. Um die Interessenten zu überzeugen, hat er zum Beispiel einen Videofilm gedreht, der über die DMI präsentiert wird. „Das ist zwar mit Aufwand und Kosten verbunden, es hilft aber, Investoren zu begeistern“, so Schumacher.

Komplexeres System als bei Banken

Darauf können Firmenchefs, die übers Netz Kredit aufnehmen, auch verzichten – zum Beispiel bei der Plattform Auxmoney, die jetzt neue Wege anbietet. Wichtig: Der Unternehmer haftet hier als Privatmann, das eingesammelte Geld kann er für die Weiterentwicklung seiner Firma nutzen. Als optionale Sicherheiten nimmt der Anbieter nur Kfz-Briefe an. Auxmoney lehnt 80 Prozent der Anträge ab.

Es werden keinerlei Angaben zur Firma verlangt – weder Geschäftszahlen noch ein Businessplan. Freiwillige Angaben erhöhen die Chance, angenommen zu werden. Die Darlehenshöhe ist auf 25 000 Euro begrenzt. Die Bonität prüft die Plattform intern. „Wir nutzen ein System, das komplexer ist als bei den Banken“, sagt Philip Kamp, Geschäftsführer von Auxmoney. Das Rating basiert auf Schufa-Daten sowie auf Verhaltensdaten des Antragstellers. Die Zinssätze liegen zwischen sechs und sieben Prozent.

Ein ähnliches Konzept verfolgt Zencap, die seit einem Jahr am Markt sind und schon Unternehmenskredite im Wert von über zehn Millionen Euro finanzierten. Die Experten verlangen anders als Auxmoney die letzten drei Jahresabschlüsse sowie die aktuellen betriebswirtschaftlichen Auswertungen. Innerhalb von 48 Stunden erfährt der Unternehmer, ob sein Antrag angenommen wird.

Als Kreditnehmer fungiert die Firma, der Geschäftsführer haftet mit einer persönlichen Bürgschaft. „In den vergangenen drei Monaten wurden alle auf unserem Kreditmarktplatz gelisteten Projekte erfolgreich finanziert“, so Zencap-Geschäftsführer Christian Grobe. Bei einem Volumen von unter 25 000 Euro haben die Unternehmer innerhalb von fünf Tagen das Ziel erreicht. Wenn es mehr sein soll, innerhalb von zwei Wochen.

Bei Unternehmerin Lutum dauerte die Planung und Vorbereitung der Finanzierung um einiges länger. „Nachdem wir die Interessenten auf einer Abendveranstaltung informiert haben, lief die Sache dann sofort erfolgreich an“, so die Firmenchefin.